Wer den Eingang zum Verwaltungsgericht Neapel sucht, landet unweigerlich bei einer riesigen U-Bahn-Baustelle unmittelbar vor dem Gerichtsgebäude auf der „Piazza Municipio“.
Die Baustelle war wegen archäologischer Funde drei Jahre lang eingestellt, das Verwaltungsgericht bemühte sich redlich, durch seine Entscheidungen den Baufortschritt zu beschleunigen. In einem Jahr soll die Baustelle beendet sein. Auch bei der Präsentation der Fälle wurde deutlich, dass die Entscheidungen des Gerichtes, welches in einem gediegenen ehemaligen Hotel („Londres“) untergebracht ist, das Erscheinungsbild der Stadt ganz wesentlich mitbestimmen.
In den Vorträgen und Gesprächen sind auch beim Verwaltungsgericht die Abrenzungsprobleme zur Zivilgerichtsbarkeit und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Kriminalität ein Thema. Dort sorgt für besondere Empörung, dass seitens der Politik geplant wird, die Rechtskontrolle betreffend die Annullierung der Wahlen und der Verträge den Verwaltungsgerichten zu entziehen und dafür eine eigene – unabhängige – Antikorruptionsbehörde vorzusehen. Dafür fehlt es in Italien aber – noch – an einer verfassungsrechtlichen Grundlage.
Hohe Zugangshürden
Der Zugang zu den Verwaltungsgerichten wurde in den vergangenen Jahren deutlich erschwert. Die Eingangsgebühren wurden drastisch erhöht und an einen Streitwert gebunden, darüber hinaus besteht Anwaltspflicht. Diese Maßnahmen führten zu einem erheblichen Kostenrisiko, denn die Mindestgebühr beträgt 300 EUR, die durchschnittliche Verfahrensgebühr liegt bei rund 6.000 EUR pro Verfahren, die unterlegene Partei zahlt die gesamten Kosten. Prozesskostenhilfe gibt es zwar, aber die Anwaltskosten sind um ein Vielfaches höher als die erstatteten Kosten. Seither sinkt die Zahl der anfallenden Verfahren, unumstritten sind diese Maßnahmen aber bei weitem nicht.
Verwaltungsrichter in richterlicher Selbstverwaltung
Das Verwaltungsgericht in Neapel ist eines der insgesamt zwanzig Verwaltungsgerichte in Italien, die sogenannten „Tribunale Amministrativo Regionale“ (T.A.R.). Daneben gibt es sieben weitere Verwaltungsgerichte in den größten Regionen, die aber formell Teil eines T.A.R. sind. Von den knapp 10.000 Richter- und Staatsanwälten in Italien sind nicht einmal 500 Verwaltungsrichter und selbst diese Stellen sind nicht alle besetzt.
Warum das so ist, ist nicht klar geworden, ein Grund dürfte das strenge Auswahlverfahren sein. Denn auch ordentliche Richter können nicht direkt in ein Verwaltungsgericht wechseln, sondern müssen sich einem Auswahlverfahren stellen, wie jeder andere Bewerber auch.
Was von allen Richtern an den besuchten Gerichten betont wurde, sind die Vorteile der richterlichen Selbstverwaltung durch den „Consiglio Superiore della Magistratura“. Der italienische Richterrat besteht aus einer Mehrheit gewählter Richter. Dieser Richterrat alleine entscheidet, wer zum Richter ernannte wird, auch Karriereentscheidungen werden ausschließlich vom Richterrat vorgenommen. Er bestimmt die Arbeitsbelastung der Richter genauso wie Ausstattung der Gebäude.