Richterauswahl: Europäische Standards verlangen Rechtsschutz für übergangene Bewerber

Die Empfehlungen des Europarates aus dem Jahr 2010 ,R(2010)12, beschreiben jene Standards, die einzuhalten sind, um die richterliche Unabhängigkeit zu gewährleisten und das Funktionieren eines Justizsystems sicherzustellen.

Sie orientieren sich dabei weitgehend an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art 6 EMRK. Zuletzt bildeten die Empfehlungen die Leitlinie für die Entscheidung im Falle der Entlassung eines Richters in der Ukraine (siehe: Menschenrechtsgerichtshof verurteilt Ukraine).

Auch für die Verfahren zur Feststellung der Eignung von Richtern gibt die Empfehlung in Kapitel VI (selection and career) klare Standards vor: Auswahl- und Karriereentscheidungen für Richter sollen federführend von richterlichen Gremien getroffen werden, die Entscheidungen dieser Gremien sollen transparent und nachvollziehbar begründet sein und übergangenen Bewerber soll die Möglichkeit eingeräumt werden, die Auswahlentscheidung oder das Auswahlverfahren zu bekämpfen (Punkte 44 bis 48).

Während durch das Selbstergänzungsrecht der neuen Verwaltungsgerichte zumindest ab dem Jahr 2014 die Auswahl neuer Richter durch die Gerichte selbst erfolgen wird, bleibt das Rechtsschutzdefizit für übergangene Bewerber ab 2014 weiter bestehen. Ein Problem, das in Österreich aber nicht nur die Verwaltungsgerichte betrifft, sondern auch die ordentlichen Gerichte (siehe: Politik macht Justiz).

Wie man dieses Rechtsschutzdefizit beseitigen kann, zeigt Deutschland. Dort haben übergangene Bewerber seit vielen Jahren die Möglichkeit, die Auswahl- und Karriereentscheidungen von speziellen Gerichten überprüfen zu lassen. Das macht die Verfahren zwar aufwändiger und langwieriger, aber die Vorgaben des Europarates können nur so wirksam umgesetzt werden.

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