Spitze des VwGH wird unter Missachtung europäischer Standards besetzt

Im heutigen Ministerrat wurde laut orf.at die Nachbesetzung der Spitze des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) beschlossen. Die Bundesregierung schlägt dem Bundespräsidenten zur Ernennung als Präsident des VwGH Albert Posch und als Vizepräsidentin des VwGH Bettina Maurer-Kober vor. Ein Auswahlverfahren durch ein richterliches Gremium hat es nicht gegeben, vielmehr wurde nach dem Regierungsprogramm der Präsident vom Bundeskanzler und die Vizepräsidentin vom Vizekanzler nominiert. Albert Posch ist derzeit Leiter des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes und Bettina Maurer-Kober Hofrätin des Verwaltungsgerichtshofes.

In den jährlichen Rechtsstaatlichkeitsberichten der Europäischen Kommission wird Österreich laufend empfohlen, der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die Justiz an der Ernennung der Präsident:innen von Verwaltungsgerichten zu beteiligen und dabei europäische Standards für die Auswahl von Gerichtspräsident:innen zu berücksichtigen.

Sowohl der GRECO Bericht als auch CCJE (Opinion Nr. 19) gibt die Empfehlung ab, richterliche Personalsenate mit der Auswahl von Präsident:innen und Vizepräsident:innen der Verwaltungsgerichte zu befassen.

Der Dachverband der Verwaltungsrichter:innen hat wiederholt auf diese europäischen Standards hingewiesen und seine Sorge um das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit in zahlreichen Statements zum Ausdruck gebracht, wenn diese europäischen Standards nicht eingehalten werden.  

Tatsächlich erfolgte nun ein Beschluss im Ministerrat ohne Beachtung dieser europäischen Standards und ist zu bedauern, dass Empfehlungen des Rechtsstaatlichkeitsberichts nicht aufgegriffen wurden.

Siehe auch: Besetzung der Spitze des VwGH ohne Anforderungsprofil und Auswahlverfahren?

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