Dachverband und Transparency International üben Kritik am politischen Einfluss auf Höchstrichterposten

Die ZIB 2 widmete sich gestern dem Thema „Intransparenz und Postenschacherei“ bei Personalentscheidungen bei Leitungsfunktionen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die aktuelle Regierung habe sich eigentlich dieser Kritik entziehen wollen, indem sie ganz offen ins Regierungsprogramm geschrieben habe, welcher Partei das jeweilige Vorschlagsrecht für welchen Posten zukomme. Dies betreffe derzeit gerade die Besetzung des Präsidiums des Verwaltungsgerichtshofes. Beide Leitungsfunktionen seien ausgeschrieben worden und die Bewerbungsfrist ende heute. Wer diese Funktionen erhalten soll, entscheide der Bundeskanzler und sein Vize, gehe man nach den Vorgaben im Regierungsprogramm. Es bedeute jedoch „nur ein Hauch von Transparenz“, wenn nun klargestellt sei, welchem Politiker das Vorschlagsrecht zukomme; so bleibe der entscheidende Einfluss der Politik auf Personalentscheidungen in der Justiz bestehen. Dies werde vom Dachverband der Verwaltungsrichter:innen und von Transparency International kritisiert.

Markus Thoma vom Dachverband der Verwaltungsrichter:innen führt dazu aus, dass diese Offenlegung nichts daran ändere, dass bestimmt Positionen in dieser Republik unabhängig unter Heranziehung von Besetzungsvorschlägen richterlicher Gremien besetz werden müssen. Von diesen Besetzungsvorschlägen soll nur begründet abgewichen werden dürfen und müsse letztlich die Auswahlentscheidung einer nachprüfenden Kontrolle durch eine unabhängige Instanz unterliegen.

Dass es all das hierzulande nicht gebe, sei in Europa sicherlich einzigartig und mache Österreich auch in Europa zum Schlusslicht, wie dies auch die Vorstandsvorsitzende von Transparency International Bettina Knötzl betont. In anderen Ländern sei eine Mitwirkung der Richter:innenschaft beim Auswahlverfahren üblich. In Schweden beispielsweise gebe es eine öffentliche Ausschreibung anhand eines standardisierten Formulars, sodass man nicht einmal auf einen bestimmten Kandidaten durch die Ausschreibung hinwirken könne. Es gebe einen Richterwahlausschuss, der dann die Kandidaten beurteile und den Bestgeeignetsten der Regierung vorschlage, die auch diesen tatsächlich ernenne.

Die Justizministerin, vormals selbst Vizepräsidentin des VwGH, habe dazu nach den Ausführungen im Beitrag des ORF nichts sagen wollen, sie verweise auf die Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes. Vom Bundeskanzleramt werde lediglich auf ein allgemeines Vorschlagsrecht der Bundesregierung bei Personalentscheidungen verwiesen und, dass dann stets bestqualifizierte Personen ausgewählt werden würden.

Dass es auch anders gehe, sei hierzulande beim Obersten Gerichtshof zu sehen. Hier liegen Postenbesetzungen beim Justizministerium, allerdings auf Vorschlag eines richterlichen Personalsenates. Sollte die Justizministerin dem nicht folgen, müsse sie dies schriftlich begründen. Ein Anfang auf den Weg zu europäischen Standards, von dem Österreich noch weit entfernt sei.

Hier geht es zum Beitrag im der ZIB 2 ….

Hier geht es zum Beitrag in der Presse: Kritik an Postenvergabe „Gerichtsbarkeit soll von der Parteipolitik unabhängig sein“

Siehe auch bereits: Rechtsstaatlichkeitsbericht gibt Anlass zu großer Sorge – wie auch die Besetzungsverfahren für die Spitze des Verwaltungsgerichtshofes zeigen

Dachverband hat Sorge um die Nachbesetzung beim VwGH

Besetzung der Spitze des VwGH ohne Anforderungsprofil und Auswahlverfahren?

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