VfGH hegt Bedenken gegen die taxative Aufzählung der Anspruchsberechtigten im Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG)

§ 5 Abs. 2 WMG dürft nach der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) in seinem Prüfungsbeschluss vom 11.12.2024, E 2690/2024, der Grundsatzbestimmung des § 4 Abs. 1 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (SH-GG) insofern zuwiderlaufen, als er die bezugsberechtigten Drittstaatsangehörigen taxativ aufzuzählen scheint. Dies dürfte bewirken, dass Drittstaatsangehörige nur bei Nachweis eines in § 5 Abs. 2 WMG ausdrücklich genannten Aufenthaltstitels anspruchsberechtigt sind. Nach § 4 Abs. 1 SH-GG sind Leistungen der Sozialhilfe jedoch dauerhaft niedergelassenen Fremden zu gewähren, die sich seit mindestens fünf Jahren dauerhaft tatsächlich und rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, ohne das Erfordernis bestimmte Aufenthaltstitel zu normieren.

Der VfGH betont in seinen Prüfbeschluss zunächst, dass Ausführungsgesetze dem Grundsatzgesetz nicht widersprechen dürfen; weiters betont der VfGH das aus dem Gleichheitssatz erfließende Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander.

Nach § 4 Abs. 1 SH-GG sind Leistungen der Sozialhilfe dauerhaft niedergelassenen Fremden zu gewähren, die sich seit mindestens fünf Jahren dauerhaft tatsächlich und rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. § 4 Abs. 1 SH-GG dürfte somit auf eine dauerhafte Niederlassung sowie eine fünfjährige Wartefrist abstellen, ohne das Erfordernis bestimmter Aufenthaltstitel zu normieren. Gleichzeitig dürfte § 4 Abs. 3 SH-GG dem Landesgesetzgeber hinsichtlich der persönlichen Anspruchsvoraussetzungen einen Ausgestaltungsspielraum einräumen. Ein Ausführungsgesetz dürfe daher auch dann mit § 4 Abs. 1 SH-GG vereinbar sein, wenn es an bestimmte Aufenthaltstitel anknüpft, sofern es hiebei sachliche Differenzierungen treffe und gewährleiste, dass Personen, die sich seit mindestens fünf Jahren dauerhaft tatsächlich und rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, Zugang zur Sozialhilfe haben. Der Ausführungsgesetzgeber dürfe hiebei insbesondere zu berücksichtigen haben, dass eine hilfesuchende Person, die über einen befristeten Aufenthaltstitel verfügt, gleichwohl iSd § 4 Abs. 1 SH-GG dauerhaft niedergelassen sein könne.

Aus diesem Grund geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass ein Ausführungsgesetz den Vorgaben des § 4 Abs. 1 SH-GG nicht gerecht wird, wenn es den Ausschluss von der Bezugsberechtigung schlicht an den bloß befristeten Aufenthaltstitel, wie etwa über eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a NAG, knüpft, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob (ungeachtet des formell befristeten Aufenthaltstitels) eine dauerhafte Niederlassung iSd § 4 Abs. 1 SH-GG vorliegt, die bei Erfüllung der Wartefrist zum Bezug von Sozialhilfeleistungen berechtigt. Vor diesem Hintergrund dürfte § 5 Abs. 2 WMG der Grundsatzbestimmung des § 4 Abs. 1 SH-GG insofern zuwiderlaufen, als diese Bestimmung die bezugsberechtigten Drittstaatsangehörigen taxativ aufzuzählen scheint, was bewirken dürfte, dass Drittstaatsangehörige nur bei Nachweis eines in § 5 Abs. 2 WMG ausdrücklich genannten Aufenthaltstitels, insbesondere eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“, anspruchsberechtigt sind.

Hier geht es zum Beschluss des VfGH …

Teilen mit: