Im Interview in der Süddeutschen Zeitung legt Nora Markard, Professorin für Verfassungsrecht an der Universität Münster und Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Freiheitsrechte, die Schwächen der Demokratie in Deutschland dar.
Sie führt aus, dass erste Station für eine Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung, um die eigene politische Macht auszubauen oder zu zementieren, oft eine Umgestaltung der Justiz sei. Autoritäre Politiker setzen – wie die Beispiele Ungarn, Polen, Israel, Türkei oder Brasilien zeigen – hier an, weil Gerichte vielfältige Möglichkeiten haben, eine politische Umgestaltung auszubremsen. Wenn es eine starke Gerichtsbarkeit gibt, dann könne sie neue Gesetze, die eine autoritäre Regierung auf dem Weg bringt, am Maßstab der Verfassung prüfen und gegebenenfalls auch verhindern.
Ein Mittel die Justiz mit den Gefolgsleuten des autoritären Systems zu fluten, sei – wie dies in Polen bereits praktiziert wurde – eine neue, niedrigere Altersgrenze für Richter einzuführen, wodurch eine Vielzahl an Richter:innen pensioniert werden müssen. Eine andere Möglichkeit wäre die Vergrößerung der Gerichte. In beiden Fällen könne die Nachbesetzung durch treue Parteigänger erfolgen.
Diese Vorgehensweise wäre auch am deutschen Bundesverfassungsgericht möglich.
Die Verfassungsrechtlerin betont, dass es auf den Verfassungsethos von Richter:innen ankomme. Es müsse unser Anspruch sein, dass die Richterschaft eine politische Umbruchsituation und Gefahr erkenne und dass sie dann nicht neutral bleibe, sondern parteiisch für das Grundgesetz einstehe. Das Grundgesetz schreibe eine liberale Ordnung vor, es halte den Raum offen für eine pluralistische Gesellschaft, für Meinungsvielfalt. Gerichte, die das verteidigen, sind natürlich problematisch für ein autoritäre Regierung, die versuchen will, bestimmte Lebensformen hinauszudrängen aus einer Gesellschaft.
Demokratie brauche Demokraten, in den Gerichten, in der Polizei, in der Regierung, in der Zivilgesellschaft. Eine liberale Demokratie eröffnet sehr viele Möglichkeiten. Wer sie erhalten will, muss also im demokratischen Wettstreit mitstreiten und wählen gehen.
Siehe hier das gesamte Interview in der Süddeutschen Zeitung …
Siehe dazu auch: Gastbeitrag von Maximilien Steinbeis „Ein Volkskanzler“ …