Rechtsstaatlichkeit: EU friert Gelder für Ungarn ein

Erstmals wurde von der EU der sogenannte „Rechtsstaatsmechanismus“ aktiviert und aus Sorge, dass in Ungarn EU-Gelder wegen unzureichender Korruptionsbekämpfung veruntreut werden, bis auf Weiteres Förderungen in der Höhe von 6,3 Milliarden Euro blockiert.

Kommission beklagt seit Jahren Missstände

Die EU-Kommission beklagte seit Jahren in Ungarn Korruption, autoritäre Tendenzen sowie den Abbau von Rechtsstaat und Medienfreiheit. Der Rechtsstaatsmechanismus zielt allerdings ausschließlich auf solche Missstände ab, derentwegen EU-Gelder in den falschen Taschen landen könnten. Gefährden diese Defizite die ordnungsgemäße Verwendung, kann Brüssel Fördermittel zurückhalten. Im April eröffnete die Behörde das Verfahren gegen Ungarn; im September drohte Haushaltskommissar Johannes Hahn, 7,5 Milliarden Euro einzufrieren, wenn Ungarn nicht bis 19. November 17 Reformen umsetzt, die den Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft verbessern.

Vor zwei Wochen stellte Hahn fest, dass die 17 Versprechen unzureichend erfüllt worden seien. Daher schlug er den EU-Finanzministern vor, die Milliarden tatsächlich zurückzuhalten. Diese Entscheidung musste mit einer sogenannten qualifizierten Mehrheit getroffen werden, was in etwa einer Zweidrittelschwelle entspricht.

Auf Druck der Kommission muss Ungarn nun 27 umfassende Reformen umsetzen, um die Unabhängigkeit der Justiz und den Kampf gegen Korruption zu stärken. Erst wenn die ungarische Regierung diese „Super-Meilensteine“ erreicht, darf die Behörde Tranchen überweisen.

Richtervereinigungen klagen Europäischen Rat wegen Polen

Im August dieses Jahres hatten vier europäische Richtervereinigung gegen den Europäischen Rat eine Klage (Nichtigkeitsklage nach Artikel 263 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) eingebracht, weil im Fall Polens trotz gleichgelagerter Bedenken Mittel ausbezahlt wurden.

Die Richterorganisationen argumentieren, dass die von Polen vorgenommenen Reformen weit hinter dem zurückblieben, was erforderlich sei, um einen wirksamen Schutz der Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter und der Justiz zu gewährleisten; damit würden sie die diesbezüglichen Urteile des EuGH missachten. Dieser hatte nämlich entschieden, dass die polnischen Richterinnen und Richter, die von rechtswidrigen Disziplinarverfahren betroffen sind, unverzüglich und ohne jegliches Verfahren wiedereingesetzt werden sollten. Demgegenüber würde einer der Meilensteine ein Verfahren von mehr als einem Jahr mit einem ungewissen Ergebnis vorsehen.

Ziel der Klage sei es, dass „eine Entscheidung der Kommission, EU-Mittel für Polen zu entsperren, solange verhindert wird, bis die Urteile des EuGH vollständig umgesetzt sind“, schreiben die Richterorganisationen in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Dazu den Beitrag auf „Legal Tribune online“ lesen …

Und: Ungarn – “Zerfall der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte” …

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