Wie vom Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) und dem Verein der Richter/innen des Bundesverwaltungsgerichtes bereits gefordert, empfiehlt auch der Wahrnehmungsbericht des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner, einen Stopp der „Planstellenrückführung“ am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) und mehr zusätzliche Planstellen.
Nicht ausreichende Planstellen bedeuteten lange Asylverfahren. Die damit verbundenen Grundversorgungskosten würden als erhebliche Mehrbelastung die Kosten der dargestellten Maßnahmen um ein Vielfaches übersteigen. Der Bericht stützt seine Empfehlungen auf eine umfassende Analyse der Belastungssituation des Gerichtes. Hier auszugsweise das Kapitel über das BVwG:
a) Befund
In den Jahren 2014 bis 2017 stieg die Anzahl der am BVwG jährlich neu anfallenden Verfahren von etwa 21.000 im Jahr 2014 auf rund 42.000 im Jahr 2017. Diese Verdoppelung des Gesamtanfalls war bedingt durch die Verdreifachung des Anfalls im Bereich Asyl- und Fremdenrecht. Grund dafür ist der Abbau des Überhangs an offenen Verfahren nach den Migrationsbewegungen in den Jahren 2015 und 2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Diese Lücke wird derzeit noch nicht durch zusätzliche fremdenrechtliche Verfahren aufgefüllt. Seit Mitte 2018 ist ein Anfallsrückgang zu beobachten.
Die jüngste Entwicklung lässt sich in konkreten Zahlen wie folgt festhalten: In den ersten acht Monaten des Geschäftsjahrs 2019/20 sind 13.600 Verfahren neu angefallen (nach 24.900 im gleichen Vorjahreszeitraum). Dem gegenüber konnten 18.500 Verfahren erledigt werden. Linear hochgerechnet würde dies für das Gesamtgeschäftsjahr einen Neuanfall von etwa 20.400 Verfahren bei etwa 27.500 Erledigungen ergeben, wodurch der Anhängigkeitsstand bis Jahresende auf etwa 32.500 Verfahren sinken sollte.
Damit würde bei kontinuierlicher Abarbeitung in der Reihenfolge des Einlangens ein Anfang 2020 neu anfallender Akt etwa 14 Monate später begonnen werden. Billigt man eine Bearbeitungsdauer von drei Monaten zu, wäre er 17 Monate nach dem Einlangen erledigt (bei einer gesetzlichen Normfrist von nur sechs Monaten). Anzustreben wäre ein Anhängigkeitsstand von unter 7.000 Verfahren, die etwa einem Viertel der Jahreserledigungsquote bzw. drei Arbeitsmonaten entsprechen. Um etwa 25.000 Verfahren gegenüber dem für Ende des Geschäftsjahres 2019/20 erwarteten Anhängigkeitsstand abzubauen, sind bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen (Erledigungen übersteigen Anfall um jährlich etwa 7.400 Verfahren) dreieinhalb Jahre (Mitte 2023) erforderlich. Bei gleichbleibenden Verhältnissen könnte damit etwa Mitte 2023 hypothetisch eine mittlere Verfahrensdauer von etwa sechs Monaten erreicht werden.
b) Ziel: Abbau der Überstände und Beschleunigung vor allem der Asyl- und Fremdenrechtsverfahren.
c) Mögliche Maßnahmen:
- Stopp der Planstellenrückführung: Da sich entgegen der seinerzeitigen Prognose ein Rückgang bei den Asylverfahren erst stark zeitverzögert eingestellt hat, ist es erforderlich, die zugestandene Überschreitungsermächtigung von bis zu 120 Vollbeschäftigungsäquivalent (VBÄ) aufrechtzuerhalten und von einer Planstellenrückführung zumindest ab dem Personalplan für das Jahr 2020 Abstand zu nehmen. Daraus resultieren per se noch keine Mehrkosten.
- Zusätzliche Planstellen zur Bewältigung der Asylverfahren: Ausgehend von der aktuellen Anfallsentwicklung könnte der Output des Gerichts mit 10 zusätzlichen Richterinnen und Richtern sowie 40 zusätzlichen juristischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (JM) um 3.500 Erledigungen pro Jahr von derzeit rund 27.500 auf etwa 31.000 Erledigungen gesteigert werden. Nach heutigem Stand ließen sich damit um bis zu 10.000 Verfahren pro Jahr mehr erledigen als jährlich neu anfallen. Dies hätte zur Folge, dass in etwa drei Jahren mit dem dann konstanten Anhängigkeitsstand von 7.000 Verfahren, die etwa einem Viertel der Jahreserledigungsquote bzw. drei Arbeitsmonaten entsprechen, eine mittlere Verfahrensdauer von sechs Monaten erreicht werden könnte.
d) Konsequenzen bei nicht ausreichenden Planstellen: Lange Asylverfahren bedeuten infolge der damit verbundenen Grundversorgungskosten eine erhebliche Mehrbelastung für den Bundeshaushalt, welche die Kosten der dargestellten Maßnahmen um ein Vielfaches übersteigt.
Hinzu kommt, dass im Falle der Beibehaltung des Status quo die gesetzliche Entscheidungsfrist, die im Regelfall bei sechs, teilweise sogar bei nur drei Monaten liegt, nicht eingehalten werden kann.