Doppelstaatsbürger: Vier Fälle beim Verfassungsgericht

(c) Clemens Fabry (Presse)

Die Causa um mutmaßliche austro-türkische Doppelbürger beschäftigt nach dem Verwaltungsgerichtshof nun auch das Verfassungsgericht.

Beim Verfassungsgerichtshof sind vier Beschwerden gegen die Aberkennung österreichischer Staatsbürgerschaften anhängig, wie Sprecher Wolfgang Sablatnig am Donnerstag sagte. In einem Fall wurde aufschiebende Wirkung gewährt. Zweifel gibt es indes an den angeblichen türkischen Wählerlisten.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hatte in einem am Montag publik gewordenen Urteil die Verwendung dieser Listen (die den Behörden von der FPÖ zugespielt worden waren) als Beweismittel genehmigt. Allerdings relativierte VwGH-Sprecher Wolfgang Koller am Donnerstag die Bedeutung dieses Urteils. Der Beschluss sei kein „Persilschein“ für die Verwendung dieser Listen. Es handle sich nämlich nur um eine Einzelfallentscheidung und die Authentizität der Liste sei in dieser Beschwerde gar nicht angezweifelt worden.

Der VwGH habe die Beweiswürdigung der Vorinstanz Landesverwaltungsgericht Salzburg daher nur grob überprüft und als „nicht unschlüssig“ akzeptiert, betont Koller. „Das heißt aber nicht, dass im nächsten Fall nicht herauskommen kann, dass sie (die Liste, Anm.) nicht echt ist“, so der Sprecher. Wenn in einem anderen Verfahren andere Tatsachen hervorkommen und die Revision gut präsentiert werde, könne es daher durchaus sein, dass der zuständige Senat zu einem anderen Schluss komme.

Rechtsanwalt Yilmaz: „Herkunft, Richtigkeit…völlig unklar“

Zweifel an der Verlässlichkeit der Listen hegt der Wiener Rechtsanwalt Kazim Yilmaz. Er hat unter anderem deshalb eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingebracht, der nun aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. „Herkunft, Richtigkeit, Erstellungsdatum, Urheber und vieles mehr sind völlig unklar“, betont Yilmaz. Außerdem enthalte die Liste zahlreiche Fehler.

Von einem solchen Fall berichtete am Donnerstag das Ö1-Morgenjournal. Die Salzburgerin Cigdem Schiller schilderte dort, dass sie 2003 gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren drei Geschwistern die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten und die türkische zurückgelegt hatte. Dennoch schienen sie und ihr jüngerer Bruder (nicht aber der Rest der Familie) weiterhin auf der angeblichen Wählerliste auf. Erst auf mehrmalige Nachfrage habe das türkische Generalkonsulat dann seine Akten geprüft, einen Irrtum eingeräumt und sich entschuldigt, sagte Schiller. Die vom Land geforderte Bestätigung, dass Schiller die türkische Staatsbürgerschaft seit 2003 nicht wiedererlangt hat, stellte das Konsulat dann aber trotzdem nicht aus, sondern bestätigte nur die Ausbürgerung des Jahres 2003. „Das Konsulat hat gesagt, sie haben da die Vorlage, sie haben diese Formulare, die werden zwar ausgefüllt, aber mehr können sie nicht machen“, so Schiller. Sie fühlt sich von Österreich im Stich gelassen: „Hilfe kann man von seinem Land nicht erwarten.“

Auch der Wiener Rechtsanwalt Yilmaz kritisiert das Vorgehen der Behörden, die von den betroffenen Österreichern in den Staatsbürgerschaftsverfahren Beweise für ihre Unschuld verlangen: „Diese Personen gehen zu einer fremden Behörde, zum türkischen Konsulat in Wien oder in den anderen Bundesländern, die bezahlen Reisekosten in die Türkei und was ihnen (von den türkischen Behörden, Anm.) unisono mitgeteilt wird: Sie sind fremder Staatsbürger, was wollen Sie eigentlich von uns?“

Hier den Artikel in Die Presse lesen …

 

Teilen mit: