Maiforum 2017 (2) Datenschutz und Amtsgeheimnis als Ausrede

Hans Peter Lehofer

Es sind neben den großen Internetkonzernen vor allem die Nationalstaaten, die sich für persönliche Daten interessieren. EU-Verordnungen und nationale Gesetzesvorhaben ermächtigen Verwaltungsbehörden immer öfter, persönliche Daten in Register und Datenbanken zu erfassen.

Während der Bürger/die Bürgerin also gläserner und gläserner wird, lassen sich die Behörden tendenziell immer weniger in die Karten schauen. In Österreich errichten Behörden einen Schutzwall aus Amtsgeheimnis und Datenschutz, der es nahezu unmöglich macht, zu erfahren, über welche Informationen Behörden verfügen. So zählt Österreich (weltweit!) zu den Schlusslichtern in Frage der Informationsfreiheit.

Das trifft nicht nur die interessierten Bürgerinnen und Bürger, sondern mit der Digitalisierung zunehmend auch die Verwaltungsgerichte, die von verfassungswegen eigentlich die Behörden kontrollieren sollten.  Hier ist anzumerken, dass es sich um kein spezifisch österreichisches Phänomen handelt, sondern diese Problem für alle Verwaltungsgericht in Europa ein Thema ist.

In seinem Vortrag unter dem Titel „Allwissender Staat – unwissender Bürger?“ beschäftigte sich Hans Peter Lehofer, Richter des Verwaltungsgerichtshofes,  mit den aktuellen Entwicklungen der europäischen Rechtsprechung hinsichtlich des Zugangs zu Informationen. Er zeigte auf, dass die restriktive Handhabung des Auskunftspflichtgesetzes und des Datenschutzgesetzes durch österreichische Behörde dazu führt, dass mitunter sogar  über öffentlich verfügbare Daten keine Auskunft erteilt wird.

Lehofer fasste die Entwicklung der Rechtsprechung des EGMR in Straßburg zu Art 10 EMRK zusammen und erläuterte die Kriterien für das Recht auf Information, welche der Gerichtshof dazu entwickelt hat.  Ein weiterer Schwerpunkt seines Vortrages waren Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg über die Herausgabe von Dokumenten. In einem  Vertragsverletzungsverfahren vor den EuGH (C-213/15)  plädiert der Generalanwalt  für eine größere Offenheit des EuGH selbst. Dieser möge den Zugang zu Dokumenten aus seiner Rechtsprechungstätigkeit überdenken. Externe von den Parteien vorgelegte Schriftsätze könnten spätesten nach Abschluss des Verfahrens offengelegt werden. Der Zugang in Richtung einer offeneren Justiz könnte laut Lehofer auch eine Leitlinie für die österreichischen Gerichte sein. Dafür seien neue Gesetze nicht zwingend notwendig.

Hon.-Prof. Dr. Hans Peter Lehofer  ist Lehrbeauftragter für Telekommunikationsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie beim Universitätslehrgang für Informationsrecht und Rechtsinformation an der Universität Wien und seit 2003 Hofrat des VwGH

Hier den Vortrag lesen (erweiterte schriftliche Fassung)

Siehe auch:

Österreichs kakanisches Faible für Geheimhaltung

 

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