Zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs. 2 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften reicht die entsprechende Meldung an das „zuständige“ Arbeitsinspektorat aus, d.h. an das Arbeitsinspektorat, das gem. § 15 ArbIG für die Betriebsstätte oder für die Arbeitsstelle des Unternehmens örtlich zuständig ist.
Die Bestellung nach § 9 Abs. 2 VStG soll nämlich bloß für die Behörden nachvollziehbar und manipulationssicher erfolgen, was durch die (eine) Verständigung gewährleistet ist. Die Bestellung ist damit für jedes andere Arbeitsinspektorat und für jede Strafbehörde im Nachhinein jederzeit leicht feststellbar und nachvollziehbar.
Selbst wenn daher – wie hier – ein Reinigungsunternehmen wegen Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften bei Durchführung von Reinigungsarbeiten zum Abschluss einer Baustelle vom Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten angezeigt wird, sind nicht die handelsrechtlichen Geschäftsführer des Unternehmens zu bestrafen, wenn das Reinigungsunternehmen seinem örtlich zuständigen Arbeitsinspektorat ordnungsgemäß die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemeldet hat.
§ 23 Abs. 1 ArbIG sieht für die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten vor, dass diese „erst rechtswirksam [wird], nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist“. Schon die Einzahl im Wortlaut der Norm lässt also „die Meldung“ an ein Arbeitsinspektorat (nämlich das „zuständige“) genügen.
Das zuständige Arbeitsinspektorat ist gemäß § 15 Abs. 1 ArbIG jenes, das für die Betriebsstätte oder für die Arbeitsstelle des Unternehmens örtlich zuständig ist. Aus § 15 Abs. 2 ArbIG ergibt sich sodann, dass bei einer Tätigkeit des Unternehmens, die die Grenzen eines Aufsichtsbezirkes überschreitet, jedenfalls nur ein Arbeitsinspektorat für ein Unternehmen „örtlich zuständig“ sein soll, nämlich jenes, in dessen Aufsichtsbezirk sich die Leitung dieser Betriebsstätte oder Arbeitsstelle befindet, sofern es nicht um spezifische Angelegenheiten geht, die in § 15 Abs. 3 ff ArbIG abweichend geregelt sind.
Es ist nicht erkennbar, dass demgegenüber der Begriff des „zuständigen Arbeitsinspektorates“ in § 23 Abs. 1 ArbIG einen im Falle des Bestehens wechselnder Arbeitsstellen von § 15 Abs. 1 und Abs. 2 ArbIG abweichenden, jeweils wechselnden Begriffsinhalt hätte, geht es doch bei § 23 ArbIG – wie die Materialien zeigen – nur darum, sicherzustellen, dass die Bestellung nach § 9 Abs. 2 VStG für die Behörden nachvollziehbar und manipulationssicher vor allfälligen Straftaten erfolgt. Diesem Anliegen trägt bei Unternehmen mit zahlreichen Arbeitsstellen die (eine) Verständigung an das für den Sitz der Unternehmensleitung zuständige Arbeitsinspektorat auf eine für jedes andere Arbeitsinspektorat – aber auch für jede Strafbehörde – im Nachhinein jederzeit leicht feststellbare und nachvollziehbare Weise Rechnung.
Nur diese Interpretation stellt aber auch sicher, dass in Konstellationen wie der hier vorliegenden potenzielle Adressaten von Strafnormen des Arbeitnehmerschutzes nicht nach Maßgabe des Verwaltungshandelns der Arbeitsinspektorate jeweils verschiedene sein können; eine Konsequenz, die andernfalls zur Unsachlichkeit der Norm führen würde.