Maiforum 2016 (3): Öffentlichkeitswirkung und Akzeptanz von Gerichtsentscheidungen

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Friedrich Forsthuber Photo: Michaela Bruckberger
Friedrich Forsthuber
Photo: Michaela Bruckberger

In seinem Vortrag betonte der Präsident des Wiener Straflandesgerichts, Friedrich Forsthuber, das Erfordernis der Verständlichkeit gerichtlicher Entscheidungen.

Denn bei einem „Nichtverständnis“ nehme der Respekt vor der Rechtsprechung ab und die Gerichte seien Angriffen, insbesondere von Verfahrensparteien, ausgesetzt, die sich in ihren Rechten beschwert erachten. Gerade die freie Beweiswürdigung stehe dabei nach den Erfahrungen der Strafgerichte im Mittelpunkt der Kritik.

Um dem entgegen zu wirken, bedürfe es nachvollziehbarer und für die Allgemeinheit (sprachlich) verständlicher Urteile.


Das „Nichtakzeptieren“ von gerichtlichen Urteilen wird nach Forsthuber auch von Politik und Medien vorgelebt. Er verwies dabei auf das Ortstafelerkenntnis des Verfassungsgerichtshofes und die Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Urteil gegen einen deutschen Anti-Akademikerball-Demonstrant (Strafsache Josef S.). Dieses Urteil sei von den Medien unter dem Motto „Härte gegen Taschendiebe, Glacéhandschuhe bei Promis“ kritisiert worden. Das sei ein gutes Beispiel dafür, dass aus einem Urteil, „das einem nicht gefällt“, unzulässige Vorwürfe abgeleitet würden.

Ein Manko besteht laut Forsthuber auch darin, dass das Wissen um die Stellung der Richter und die Funktionsweise der Justiz in der Bevölkerung mitunter erschreckend gering sei. Oft sei die Bedeutung der richterlichen Unabhängigkeit nicht bekannt, Beweiswürdigung und Strafzumessung seien für Betroffene und die Öffentlichkeit oft ein Buch mit sieben Siegeln. Zudem werde die Gesetzeslandschaft immer komplexer, sodass sich nur mehr ausgewiesene Fachexperten damit zurecht fänden.

In Wirtschaftsverfahren sei darüber hinaus eine gewisse „Stimmungsmache“ durch Medien und Unternehmer zu beobachten (Ligitation-PR). „Liveticker“ und soziale Medien seien hier eher als kritisch zu sehen, da diese nach den bisherigen Erfahrungen nicht zu einer sachlichen Berichterstattung beitragen. Auch Filmaufnahmen von Gerichtsverhandlungen seien problematisch, da das Verfahren erfahrungsgemäß nur gerafft dargestellt werde.

Eine Fehlentwicklung sei auch die Vorgangsweise von Medien, zu konkreten Urteilen die Allgemeinheit zu fragen („Wie hätten Sie entschieden?“) und damit die Akzeptanz eines Urteiles und der Gerichtsbarkeit untergraben. Denn es sei nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaften und der Gerichte, Erwartungshaltungen der Öffentlichkeit, der Politik oder einzelner Medienvertreter zu erfüllen.

Die Brücke zur Öffentlichkeit beschrieb Forsthuber abschließend wie folgt:

• Klare, verständliche Sprache
• Nachvollziehbare Begründung von Urteilen
• Veröffentlichung der Leitsätze der Gerichte auf deren Homepage
• Veröffentlichung von entsprechend aufbereiteter Entscheidungen im RIS, vor allem mehr der Landesgerichte
• Aufbereitung komplexer Urteilssprüche für die Öffentlichkeit (Medien)

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