Voraussetzung für die Zulässigkeit der Erhebung einer Beschwerde gegen einen nicht zugestellten und auch nicht an die betreffende Person gerichteten Bescheid ist, dass dieser Bescheid an andere Verfahrensparteien ergangen ist und dass der Bescheid seinem Inhalt nach in die Rechtssphäre der übergangenen Partei eingreift.
Beschwerdelegitimiert ist ferner nur derjenige, dessen Parteistellung im Verwaltungsverfahren unstrittig war. Ist die Parteistellung strittig, scheidet die Anfechtung eines (letztinstanzlichen) Bescheides im Wege des § 7 Abs. 3 VwGVG aus, weil die Frage des Mitspracherechtes zunächst durch die in Betracht kommende Behörde entschieden werden muss, sei es durch Abweisung eines Antrages auf Bescheidzustellung, sei es durch Anerkennung der Parteistellung in Form der Bescheidzustellung.
Das Verwaltungsgericht Wien hatte über eine Beschwerde einer Anrainerin in einem Baugenehmigungsverfahren (Planwechselverfahren) zu entscheiden. Im hier gegenständlichen Fall war die Parteistellung der Beschwerdeführerin strittig, wobei die Baubehörde explizit davon ausging, dass die Beschwerdeführerin keine Parteistellung hatte, sodass sie weder im Verfahren beigezogen, noch ihr der Bewilligungsbescheid zugestellt zugestellt worden ist. Auch eine Abweisung des Antrages auf Bescheidzustellung ist nicht erfolgt.
Die gegenständlich vom Verwaltungsgericht anzuwendende Norm § 7 Abs. 3 VwGVG betreffend die Möglichkeit, Beschwerde bereits ab dem Zeitpunkt zu erheben, in dem der Beschwerdeführer von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat, wenn der Bescheid bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden ist, ist dem § 26 Abs. 2 VwGG nachgebildet. Bis zur Einführung der Verwaltungsgerichte war der VwGH zur Entscheidung über Beschwerden gegen letztinstanzliche verwaltungsbehördliche Bescheide berufen. Diese Aufgabe kommt seit 1.1.2014 den Verwaltungsgerichten zu. Da die von den Verwaltungsgerichten hinsichtlich der Möglichkeit der Beschwerdeerhebung vor Bescheidzustellung anzuwendende Norm, nämlich § 7 Abs. 3 VwGVG, eine Nachbildung des § 26 Abs. 2 VwGG (alte Fassung) ist und durch beide Normen dieselbe Aufgabe, nämlich die Entscheidung über Beschwerden gegen nicht zugestellte, letztinstanzliche Bescheide der Verwaltungsbehörden, geregelt wird, ist die bisher zu § 26 Abs. 2 VwGG ergangene Judikatur auch auf § 7 Abs. 3 VwGVG anzuwenden.
Da die Parteistellung der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren, bei dem es sich um ein behördliches Mehrparteienverfahren handelt, strittig ist und – wie dargelegt – die bisher zu § 26 Abs. 2 VwGG ergangene Judikatur auf § 7 Abs. 3 VwGVG anzuwenden ist, war die Beschwerde gegen den Baubewilligungsbescheid (2. Planwechsel) nicht zulässig, weil die Frage des Mitspracherechtes zunächst durch die Baubehörde hätte entschieden werden müssen, sei es durch Abweisung eines Antrages auf Bescheidzustellung, sei es durch Anerkennung der Parteistellung in Form der Bescheidzustellung.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
VGW-111/084/14275/2015 vom 15.02.2016