VfGH Judikatur / Richtlinienbeschwerde

vfghlogoDer VfGH hat nun aufgrund eines Gesetzesprüfungsantrages bestätigt, dass sich die Zuständigkeit der (Landes-)verwaltungsgerichte für Richtlinienbeschwerden als „Verhaltensbeschwerde“ nach Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG  bereits aus dem SPG ergibt und sich nicht geändert hat.

Die Möglichkeit, sich gegen das Verhalten der Sicherheitsexekutive in Form einer Richtlinienbeschwerde nach § 89 Abs. 4 SPG an die UVS in den Ländern zu wenden, besteht seit 1. Mai 1993. Seit 1. Jänner 2014 sind die (Landes-)Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über Richtlinienbeschwerden zuständig.

Eine Klarstellung des Gesetzgebers in dem Sinn, dass die bisherige Kompetenz der UVS, über Beschwerden gegen Richtlinienverletzungen zu entscheiden, nunmehr von den Verwaltungsgerichten wahrzunehmen ist, ist aber keine Begründung einer neuen Zuständigkeit, die eine Zustimmung der Länder nach Art. 130 Abs. 2 letzter Satz B-VG erforderlich gemacht hätte.

Gegenstand einer Richtlinienbeschwerde ist das Verhalten von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 5 SPG), das am Maßstab der gemäß § 31 SPG erlassenen RLV zu messen ist. Damit ist die Richtlinienbeschwerde eine „Verhaltensbeschwerde“ nach Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG.

Unbestritten ist, dass Abs. 4 des § 89 SPG den Landesverwaltungsgerichten die Entscheidung über Richtlinienbeschwerden überträgt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien hätte es für die Kundmachung der letzten Novellierung des § 89 Abs. 4 SPG der Zustimmung der Länder bedurft und zwar je nach Einordnung der Richtlinienbeschwerde als „Verhaltensbeschwerde“ nach Art. 130 Abs. 2 letzter Satz B-VG oder als „Dienstaufsichtsbeschwerde“ nach Art. 131 Abs. 4 Z 1 B-VG.

Art. 130 B-VG regelt jene Zuständigkeiten, die den Verwaltungsgerichten von Verfassungs wegen zukommen. Die Z 1 bis 4 des Abs. 1 bestimmen den Beschwerdegegenstand (nämlich Bescheid, Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Verletzung der Entscheidungspflicht
und Weisung) und den Prüfungsmaßstab. Nach Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG können durch Bundes- oder Landesgesetz sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde vorgesehen werden. Diese „Verhaltensbeschwerde“ hat – im Gegensatz zu den in Abs. 1 des Art. 130 B-VG geregelten „typengebundenen Verwaltungshandeln“ der Z 1 bis 4 – „typenfreies“ Verwaltungshandeln zum Gegenstand.

Da es sich bei der Richtlinienbeschwerde um eine Beschwerde gegen typenfreies Verwaltungshandeln der Sicherheitsexekutive nach Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG; die Entscheidung darüber wurde von den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern an die Verwaltungsgerichte der Länder durch das SPG übertragen. Als Beschwerde nach Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG unterfällt sie nicht den Regelungen der Abs. 2 bis 5 des Art. 131 B-VG, sondern der Sonderregel des Abs. 6 des Art. 131 B-VG.

VfGH G 193/2014 ua vom 24.06.2015

 

 

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