Konzept eines „Rechtspflegergerichts“ ist gescheitert

Wappen Wien richtigBereits im Herbst 2012 hatte das Land Wien einen ersten Gesetzesentwurf für ein Verwaltungsgericht vorgelegt, der vorsah, nahezu alle Verwaltungsverfahren auf Rechtspfleger zu übertragen. (Siehe dazu: Wiener Politik will Zugriff auf neues Gericht)

Nach heftiger Kritik entschied sich der Landesgesetzgeber zu einer „abgespeckten“ Variante des Rechtspflegermodells .

Die Standesvertretung hatte schon im Oktober 2012 in ihrer Stellungnahme an die Wiener Landesregierung ausdrücklich davor gewarnt, diesen Weg zu beschreiten, hat aber bei der Politik kein Gehör gefunden.

Es wurde darauf hingewiesen, dass nicht ohne Grund in der ordentlichen Gerichtsbarkeit Rechtspfleger ausschließlich in erster Instanz – auch hier nur in eng abgegrenzten Aufgabenbereichen – und niemals in Berufungsverfahren zum Einsatz kommen.

Weiters wurde kritisiert, dass nicht nur die Übertragung einzelner, genau bezeichneter Geschäfte an Rechtspfleger vorgesehen, sondern vielmehr weite Bereiche der via Bundesverfassung dem Landesverwaltungsgericht übertragenen Aufgaben, wie etwa praktisch das gesamte Bau- und Abgabenrecht, das gesamte Führerscheinrecht, der überwiegende Teil des Gewerberechts sowie weite Teile des Verwaltungsstrafrechts (alle Verwaltungsstrafverfahren mit einer gesetzlichen Strafdrohung bis zu 1.500,– Euro) der richterlichen Rechtsprechung überhaupt entzogen und Rechtspflegern zur Entscheidung zugewiesen wurde.

Jetzt hat der Verfassungsgerichtshof klargestellt, dass in der Verwaltungsgerichtsbarkeit der Spielraum für den Einsatz von Rechtspflegern im Hinblick auf den Verfahrensgegenstand – die Kontrolle der Rechtsmäßigkeit von Entscheidungen der Verwaltung – denkbar gering ist.

Auf das Verwaltungsgericht Wien kommt jetzt die Aufgabe zu, dieses Erkenntnis des VfGH bis Ende des Jahres organisatorisch umzusetzen. Keine leichte Herausforderung, wurden doch  im Jahr 2014 mehr als 4.000 Verfahren den Rechtspflegern zu Erledigung zugewiesen und die hiefür erforderlichen Richterplanstellen „eingespart“.

Zu hoffen ist, dass der Wiener Landesgesetzgeber nun rasch und von sich aus alle Änderungen durchführt, die verfassungsrechtlichs geboten sind und nicht auf  eine weitere Rechtsbereinigung durch den Verfassungsgerichtshof wartet. Das betrifft, neben dem Verwaltungsstrafrecht, jedenfals auch den Einsatz von Landesrechtspflegern im Gewerbe- und Baurecht.

Zu hoffen ist weiters, dass nicht das Verwaltungspersonal letzlich als leidtragend übrigbleibt. Die Standesvertretung wird jedenfalss alles in ihren Kräften stehende tun, damit  diese KollegInnen nicht beruflich Opfer der Fehleinschätzung der verfassungsrechtlich gebotenen Ausgestaltung eines Verwaltungsgerichtes werden.

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