EuGH Judikatur: Aufenthaltsrecht wird präzisiert

eugh-logo-curiaDie Frage, unter welchen Voraussetzungen EU-Bürgern, die sich in Österreich aufhalten, die Arbeitnehmereigenschaft (Erwerbstätigeneigenschaft) erhalten bleibt bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Daueraufenthaltsrecht erworben werden kann, ist vor allem im Aufenthalts- und Fremdenrecht, aber auch im Mindestsicherungsverfahren von Bedeutung.

Der Europäische Gerichtshof hat nun in zwei aktuellen Entscheidungen Auslegungen der Unionsbürgerrichtlinie (2004/38/EG)  vorgenommen.


Im Urteil C-507/12, vom 19.06.2014, hatte der Gerichtshof die Frage zu klären, ob eine Frau, die ihre Erwerbstätigkeit oder Arbeitssuche wegen der körperlichen Belastungen im Spätstadium ihrer Schwangerschaft und nach der Geburt ihres Kindes aufgibt, unter den Arbeitnehmerbegriff im Sinne des EU-Rechts fällt. Der Gerichtshof bejahte die Frage und stellte fest, die Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der EU-Bürger auf Freizügigkeit und freien Aufenthalt enthalte keine abschließende Aufzählung der Umstände, unter denen einem EU-Bürger, der in einem anderen EU-Land arbeitet und der sich nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis befindet, dennoch weiterhin die Arbeitnehmereigenschaft zuerkannt werden könne.

Jedenfalls könne die Richtlinie, die ausdrücklich die Ausübung des Rechts der EU-Bürger, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, erleichtern solle, für sich genommen die Tragweite des Begriffs des Arbeitnehmers im Sinne des Art. 45 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) nicht einschränken. Vielmehr ergebe sich aus der Rechtsprechung des EuGH, dass die Arbeitnehmereigenschaft und die sich aus ihr ergebenden Rechte nicht unbedingt vom tatsächlichen Bestehen oder Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses abhängen.

Im Urteil C- 244/13, vom 10.07.2014, war Gegenstand des Verfahrens, ob ein Daueraufenthaltsrecht auch erworben werden kann, wenn die Freizügigkeitstatbestände in der Zeit vor dem Inkrafttreten der Unionsbürgerrichtlinie verwirklicht wurden. Der Gerichtshof stellt dazu fest, dass ein Drittstaatsangehöriger, der sich vor dem Zeitpunkt der Umsetzung dieser Richtlinie fünf Jahre lang ununterbrochen in einem Mitgliedstaat als Ehegatte eines in diesem Staat arbeitenden Unionsbürgers aufgehalten hat, als eine Person anzusehen ist, die das in dieser Vorschrift vorgesehene Daueraufenthaltsrecht erlangt hat, selbst wenn sich die Ehegatten in dem genannten Zeitraum getrennt und jeweils mit einem anderen Partner zusammengelebt haben und die von dem Drittstaatsangehörigen genutzte Wohnung diesem nicht mehr von seiner Ehefrau, einer Unionsbürgerin, beschafft oder zur Verfügung gestellt wurde.

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