Update: VfGH Judikatur / AlVG: Auch für Arbeitslose sollen Beschwerden aufschiebende Wirkung haben

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Das neue Verfahrensgesetz für die Verwaltungsgerichte (VwGVG) enthält in § 13 Abs. 1 den Grundsatz, das Beschwerden gegen Bescheide aufschiebende Wirkung zukommt.

Nur ausnahmsweise, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen.

Mit 1. Jänner 2014 wurde die Bestimmung des § 56 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) wirksam, die diesen Grundsatz ins Gegenteil verkehrte: Nach Abs. 3 dieser Bestimmung hatten Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle und Vorlageanträge keine aufschiebende Wirkung, diese konnte nur ausnahmsweise zuerkannt werden.

Der VfGH hat diese Bestimmung in seiner Entscheidung Zl G 74/2014 ua vom 02.12.2014 auf Antrag des Bundesverwaltungsverwaltungsgerichts aufgehoben.

Beim antragstellenden Bundesverwaltungsgericht waren Beschwerden anhängig, die sich gegen Bescheide des Arbeitsmarktservice richten, mit denen der Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe für bestimmte Zeiträume widerrufen wurde. Im Fall des Widerrufs des Arbeitslosengeldes wurde der betroffene Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Betrages in der Höhe von € 1.571,53 verpflichtet. Die jeweiligen Beschwerden enthielten Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Der VfGH erkannte, dass die Regelung nicht dem Kriterium der Erforderlichkeit iSd Art136 Abs 2 B-VG entspricht, weil sie dem Rechtsstaatsprinzip und dem daraus abgeleiteten Prinzip der Effektivität des Rechtsschutzes insoweit widerspricht, als sie dem Interesse des einzelnen Versicherten, nicht generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung so lange belastet zu werden, bis sein Rechtsschutzgesuch endgültig erledigt ist (siehe nur VfSlg 15.511/1999 und die dort angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes), nicht hinreichend Rechnung trägt.

Insbesondere lässt es die angefochtene Bestimmung nicht zu, die berührten öffentlichen Interessen (zB das Interesse der Versichertengemeinschaft) mit den Interessen von Verfahrensparteien abzuwägen (siehe zur Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsstaatsprinzips im Rahmen der Zuerkennung aufschiebender Wirkung zB schon VfSlg 13.003/1992, 13.306/1992).

Auch hängt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung überdies nach dem Wortlaut der angefochtenen Bestimmung davon ab, dass die Behörde eine Beschwerdevorentscheidung (§14 VwGVG) erlässt. Sieht die Behörde daher von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab, so bleibt der Versicherte auch bei offensichtlichen Fehlern im behördlichen Verfahren mit den negativen Folgen derselben belastet, bis eine endgültige Erledigung seines Rechtsschutzgesuchs vorliegt.

Es war daher die angefochtene Bestimmung aufheben.

Hier geht’s zur Entscheidung des VfGH …

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