Disziplinarse­nat rügt Präsidenten des OGH: „Druck auf Richter“

 

OGH Präsident Eckart Ratz
OGH Präsident Eckart Ratz

Die richterliche Unabhängigkeit ist das höchste Gut der Justiz. Niemand Geringerer als der Präsident des Obersten Gerichtshofes (OGH), Eckart Ratz, soll sie untergraben haben.

Wer das behauptet? Der Disziplinarsenat des OGH (Ds25/13) unter Vorsitz der Vizepräsidentin Ilse Huber. In der Justiz ist Feuer am Dach.

Angelpunkt ist eine vor allem unter Anwälten kritisierte Praxis: Der Staatsanwalt wählt als Leiter des Ermittlungsverfahrens einen ihm genehmen Sachverständigen aus und gibt ein Gutachten in Auftrag, auf welches er seine Anklage aufbaut; den selben Sachverständigen nimmt er dann in den Prozess mit. Der Strafverteidiger kann keinen Gegengutachter positionieren.

OGH-Präsident Ratz hält das seit 2010 (im Kommentar zur Strafprozessordnung 2008 äußerte er noch keine Skepsis) für verfassungsrechtlich bedenklich. Mehrere seiner 16 Strafrichter, konkret vier von fünf Strafsenaten, sehen das allerdings anders.

 

Ein Berufungssenat hätte zu dieser Frage den Verfassungsgerichtshof (VfGH) einschalten können. Hätte der VfGH die Praxis mit den Gutachtern für verfassungswidrig erklärt,  hätte von vorn beginnen müssen. Der OGH-Senat (nicht unter Vorsitz von Ratz) schmetterte die Beschwerde jedoch ab und bestätigte das Urteil.

Ratz erteilte seinen Kollegen daraufhin schriftlich einen Rüffel (um „kreative Unruhe zu erzeugen“, wie er argumentiert), veranlasste den Disziplinarsenat zur Überprüfung des Verhaltens der Richter des Senats und verfügte einen Vermerk darüber in den Personalakten der Kollegen. Diese betrachteten das als Einflussnahme auf ihre richterliche Entscheidungsfindung und verwahrten sich schriftlich dagegen.

Der Disziplinarsenat sah keine Veranlassung, eine Disziplinaruntersuchung einzuleiten; weder gegen die Kulterer-Richter, noch gegen Ratz. Allerdings beschied er dem OGH-Präsidenten, dieser habe „mit den Mitteln des Dienstrechts“ versucht, „unzulässigen Druck auf unabhängige Richter auszuüben.“ Immerhin seien jene, „die sich dem Druck des Präsidenten nicht beugen wollen“, einem Disziplinarverfahren „mit ungewissem Ausgang ausgesetzt gewesen.“

Für Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk ist der Disziplinarbeschluss eine „nicht befriedigende Kompromisslösung“: Man habe Ratz anzählen, aber nicht k.o. schlagen wollen, „ein Nachgeschmack“ bleibe aber zurück.

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