Noch 300 Tage und viele ungelöste Probleme – ein Mängelkatalog

Die neuen Verwaltungsgerichte werden mit 1. Jänner 2014 ihre Arbeit aufnehmen. Das sind noch 300 Tage.

Während für das Bundesverwaltungsgericht und das Finanzgericht die Vorbereitungen auf Hochtouren laufen, alle Richterinnen und Richter bereits ernannt (oder ex lege übergeleitet) wurden, das Dienst- und Besoldungsrecht der RichterInnen beschlossen ist, die Gerichtsgebäude bereits fertiggestellt , die neuen Tätigkeitsfelder erhoben, das neue Verfahrensrecht und neue Arbeitsabläufe diskutiert werden, zeigen sich die Bundesländer mit der Einrichtung der Verwaltungsgerichte auf Länderebene mehr oder weniger überfordert.

Hier ein – keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebender – Mängelkatalog:

-Obwohl die Bundesverfassung ausdrücklich den 28. Februar 2013 als Fristende für die Ersternennungen der Verwaltungsrichterinnen und Richter festlegt (Art 151 Abs. 51 Z.4 B-VG) sind im Burgenland, Niederösterreich, Wien und Vorarlberg noch keine Ersternennungen erfolgt.

-Alle Bundesländer verweigern den Richterinnen und Richtern der neuen Verwaltungsgerichte ein richterliches Dienstrecht; hier ist die einzige positive Ausnahme das Land Wien. Das Land Vorarlberg verweigert den Richterinnen und Richtern sogar ein pragmatisiertes Dienstverhältnis. Dort gebe es in Wahrheit „eine Befristung des der Bestellung zugrundeliegenden Dienstverhältnisses“ und somit „Richter 2. Klasse“, so die Personalvertretung des Landes in ihrer Stellungnahme.

-Fast in allen Organisationsrechten der Verwaltungsgerichte werden der Landesregierung als kontrollierter Behörde Justizverwaltungsaufgaben zugebilligt. Dass derartige Regelungen für den äußeren Anschein der Unabhängigkeit der neuen Gerichte schädlich sein können und europäischen Standards widersprechen, ließ die betroffenen Länder bisher unbeeindruckt.

-Das Land Wien versucht zur Verteilung der anfallenden Verfahren einen Geschäftsverteilungsausschuss einzurichten, in dem Präsident und Vizepräsident alleine entscheidungsbefugt sind; die gewählten Mitglieder verlieren ihr Mandat, wenn sie gegen das Präsidium abstimmen.

-Das Land Wien unternimmt auch den Versuch, die Standards für die Verwendung von Rechtspflegern neu zu definieren. Während in der ordentlichen Justiz für Rechtspfleger eine dreijährige Ausbildung vorgesehen ist, genügt in Wien ein 22-Tage Kurs.

-In einigen Bundesländern (z.B. Tirol, Steiermark) werden verschiedene Gehaltsschemata für „alte“ und „neue“ Richter vorgesehen. Die damit verbundene Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und des Diskriminierungsverbots sind evident, hinderten aber nicht die Beschlussfassung dieser Gesetze durch die Landtage. Gleiches gilt für die unterschiedlichen Arbeitszeitregelungen.

-Die Unterbringung des Verwaltungsgerichtes Salzburg wird abseits des Stadtzentrums in einem Industriegebiet erfolgen und spiegelt damit gut sichtbar den Stellenwert wieder, dem dieses Bundesland „seinem“ Verwaltungsgericht zugesteht.

Betrachtet man diese Mängelliste, versteht man die Bedenken, die dagegen erhoben wurde, den Bundesländern die Kompetenz zur Einrichtung von Gerichten zu übertragen.

Und noch etwas zeigt sich: Nicht jeder Wettbewerb führt zu besseren Ergebnissen oder höheren Standards – schon gar nicht der föderale!

Teilen mit: