EU-Kommission beschließt Maßnahmenpaket zur Einhaltung der EU-Grundrechtecharta

Die Europäische Kommission hat laut eigenen Angaben am 19.10.2010 eine Strategie verabschiedet, mit der eine wirksame Umsetzung der EU-Grundrechtecharta gewährleistet werden soll. In der Strategie erklärt die Kommission, welche Maßnahmen sie treffen kann, um eine vorbildliche Grundrechtbilanz in der EU zu gewährleisten und die europäische Öffentlichkeit besser über den Grundrechteschutz aufzuklären.

von Siegfried Königshofer

Auswirkungen neuer EU-Gesetze auf Grundrechte sollen mittels Checkliste überprüft werden

Weil alle EU-Legislativentwürfe mit der Charta vereinbar sein müssen, will die EU-Kommission laut ihrer Strategie verstärkt prüfen, welche Auswirkungen neue Legislativentwürfe auf die Grundrechte haben können. Auf Grundlage einer Grundrechte-Checkliste will die Kommission feststellen, welche Grundrechte von einem Legislativentwurf betroffen sein könnten, und prüfen, wie sich jede einzelne beabsichtigte Option auf diese Rechte auswirken würde.

Aber nicht nur während des Gesetzgebungsverfahrens will die Kommission sicherstellen, dass die EU-Vorschriften der Grundrechtecharta nicht widersprechen. Auch bei der Umsetzung von EU-Recht müssten die Mitgliedstaaten die Grundrechte beachten, betont die Behörde. Dass dies geschieht, will die Kommission eigenen Angaben zufolge mit allen verfügbaren Mitteln und erforderlichenfalls auch mit Vertragsverletzungsverfahren sicherstellen.

Neues e-Justice-Portal soll bei Grundrechtsverletzungen Weg durch die Instanzen erleichtern

Ferner will die Kommission den EU-Bürgern im Falle einer Grundrechtsverletzung den Weg durch die Instanzen erleichtern. Ab 2011 sollen sie über das neue e-Justice-Portal der Kommission auf Informationen über Rechtsmittel in allen Mitgliedstaaten zugreifen können. Dort wird die Kommission eigenen Angaben zufolge darlegen, in welchen Fällen sie bei Grundrechtsbeschwerden tätig werden kann und in welchen Fällen nicht, weil die EU nicht zuständig ist. Die Charta übertrage der Kommission nämlich keine allgemeine Befugnis, auf dem Gebiet der Grundrechte tätig zu werden, erläutert die Brüsseler Behörde. Vielmehr könne sie nur tätig werden, wenn es um EU-Recht gehe. Da die Mitgliedstaaten ihre eigenen Grundrechtschutzsysteme hätten, die sich auf die nationalen Verfassungen und Gerichte stützten und die durch die Charta nicht ersetzt werden sollten, sei die Wahrung der Grundrechte in erster Linie Angelegenheit der nationalen Gericht.

EU-Kommission will Fortschritte verfolgen

Ferner will die Kommission jährlich einen Jahresbericht veröffentlichen und darin mitteilen, wie die Grundrechtecharta angewendet wurde. Der Bericht verfolge die Fortschritte in den Bereichen, in denen die EU Handlungsbefugnis habe und könnte unter anderem Anstoß geben für einen jährlichen Meinungsaustausch mit dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union, so die Kommission.

Hintergrund zur EU-Grundrechtecharta

Die EU-Grundrechtecharta enthält sämtliche Rechte, die auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben sind, sowie sonstige Rechte und Grundsätze, die sich aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten, der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und sonstigen völkerrechtlichen Instrumenten herleiten. Die Grundrechtecharta umfasst auch so genannte Grundrechte der «dritten Generation» wie Datenschutz und Garantien in Bezug auf bioethische Grundsätze oder eine transparente Verwaltung. Seit dem Vertrag von Lissabon ist die Grundrechtecharta in gleicher Weise rechtsverbindlich wie die Verträge. Dies bedeutet insbesondere, dass der Europäische Gerichtshof befugt ist, EU-Rechtsvorschriften für nichtig zu erklären, welche gegen die in der Charta garantierten Grundrechte verstoßen.

SF

 

 

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