
Die EU-Kommission präsentiert seit 2020 einmal im Jahr einen Bericht über den Zustand von Justiz, Medien und Rechtsstaat für jedes EU-Mitgliedsland. Der Rechtstaatlichkeitsbericht 2025 kritisiert neuerlich, dass Österreich keine Fortschritte bei der notwendigen Beteiligung der Justiz bei der Ernennung von Gerichtspräsident:innen der Verwaltungsgerichte gemacht hat. Daher wiederholt die Kommission die Empfehlung, die Justiz in die Verfahren zu (deren) Ernennung unter Berücksichtigung der europäischen Standards für die Ernennung von Richter:innen und die Auswahl von Gerichtspräsident:innen einzubeziehen.
Die (Vize-)Präsident:innen der elf erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte werden weiterhin durch verschiedene Verfahren ohne konsequente richterliche Beteiligung ernannt und bestehe keine klare Anforderung, aus bereits ernannten Richter:innen ausgewählt zu werden. Dies werfe Bedenken hinsichtlich europäischer Standards zur Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit auf. Ein von der Konferenz der Präsident:innen der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte im Jahr 2024 eingeleiteter Reflexionsprozess habe zu keinen operativen Schlussfolgerungen geführt. Die Interessensvertretungen haben erneut Bedenken hinsichtlich des bestehenden Systems geäußert und auf das bevorstehende Ende der Amtszeit des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs und des Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen. Auch wenn sich das aktuelle Regierungsprogramm grundsätzlich zu transparenten und leistungsorientierten Ernennungsverfahren bekenne, räume es weiterhin bestimmten Regierungsmitgliedern Vorschlagsrechte zur Ernennung zentraler Positionen – etwa an den Höchstgerichten – ein. Vor diesem Hintergrund wurden bei der Empfehlung keine Fortschritte erzielt.
Hinsichtlich der Effizienz zeigt der Bericht, dass die positive Entwicklung der Vorjahre in Verwaltungssachen stagniert habe. Die Erledigungsdauer habe sich erhöht (313 Tage im Jahr 2023 gegenüber 285 Tagen im Jahr 2022), die Erledigungsquote sei gesunken (100% im Jahr 2023 im Vergleich zu 112% im Jahr 2022), und der Rückstand bleibe hoch (0,5 pro 100 Einwohner im Jahr 2023). Allerdings sei die Erledigungsdauer in Verwaltungssachen in letzter Instanz deutlich niedriger (172 Tage im Jahr 2023). Auf der Ebene des Verwaltungsgerichtshofs gebe es keine gerichtlichen Mechanismen, um die Umsetzung von Verwaltungsgerichtsurteilen sicherzustellen. Bei der Leistungsbewertung der Verwaltungsrichter:innen äußern die Interessensvertreter bedenken angesichts der Rolle der Exekutive.
In Bezug auf die Digitalisierung seien bei den Landesverwaltungsgerichten zwar Fortschritte erzielt worden, aber die Situation bleibe unterschiedlich, da die meisten Gerichte verschiedene digitale Systeme verwenden; dies beeinträchtige die Effizienz und Einheitlichkeit der Verfahren. Es bestehe daher weiterhin Reformbedarf.
Insgesamt zeigen die Entwicklungen, dass trotz punktueller Fortschritte weiterhin grundlegende Reformen ausstehen, um die Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich im Sinne europäischer rechtsstaatlicher Standards nachhaltig zu stärken.
Hier geht es zum Rechtsstaatlichkeitsbericht 2025 Länderkapitel Österreich (englisch)
Hier geht es zur deutschen Maschinenübersetzung des Rechtsstaatlichkeitsberichtes