UVS Wien: Kistenweise Fremdenakten

„Man könnte sagen, unsere Auftragslage ist gut“. Mit unüberhörbarem Sarkasmus kommentiert ein Senatsmitglied die kistenweise Anlieferung von Fremdenakten in den letzten Tagen. Anlass ist ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu den Rechtsfolgen der verspäteten Umsetzung der Rückführungsrichtlinie.

Demnach ist seit 24. Dezember 2010 der Unabhängige Verwaltungssenat in allen, von dieser Richtlinie erfassten Bereichen, als Berufungsbehörde zuständig. Bislang ging der Rechtszug zu den Sicherheitsdirektionen.

Auf den UVS Wien kommen nicht nur die neuen Verfahren zu. Die Sicherheitsdirektion Wien hat auch  zahlreiche  von ihr nicht mehr erledigte Berufungsverfahren dem UVS zur Entscheidung vorgelegt. Zu erwarten ist auch, dass die Sicherheitsdirektion zudem nach Fristablauf erlassene Berufungsentscheidungen von Amts wegen behebt und der UVS Wien darüber neuerlich entscheiden muss. Genaue Zahlen sind noch nicht bekannt. Es dürfte sich aber um mehrere hundert Verfahren handeln. Dazu kommt noch eine unbekannte Anzahl von Verfahren, die derzeit noch beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sind.

Sehr ernste Situation

„Es ist eine sehr ernste Situation“ erklärt ein Mitglied des Geschäftverteilungsausschusses. Dieses Gremium hat die Aufgabe, die zu erwartenden Verfahren gleichmäßig auf die UVS-Richter zu verteilen. Durch den starken Anstieg von Verfahren in anderen Bereichen hat sich schon vorher ein Rekordhoch für das Geschäftsjahr 2011 abgezeichnet. „Der Senat arbeitet schon derzeit über der Grenze einer vertretbaren Dauerbelastung. Die Rechtsmittelwerber haben schließlich Anspruch auf eine möglichst rasche und ordentliche Erledigung ihrer Verfahren. Völlig überlastete Richter nützen niemandem. Und jetzt kommen diese Verfahren noch dazu. Wir haben aber überhaut keine Reserven mehr!“

Konstruktives Gespräch mit dem Magistratsdirektor

„Wir haben mit dem Herrn Magistratsdirektor ein sehr konstruktives Gespräch über die Situation des UVS Wien geführt,“ berichtet die Personalvertreterin der UVS-Bediensteten, „und er hat uns seine Unterstützung zugesagt“. Tatsächlich erfolgte unmittelbar darauf die Ausschreibung zusätzlicher Richterplanstellen. Die Ausschreibungsfrist läuft bis Ende September, danach erfolgt das Auswahlverfahren. „Das Interesse ist schon in den ersten Tagen sehr stark. Die neuen Richter werden aber frühestens zu Jahresanfang ihre Arbeit aufnehmen können. Für die jetzt einlangenden Fremdenverfahren ist das natürlich zu spät. Ein großes Problem ist auch, dass auf Grund der unklaren Rechtsentwicklung nicht absehbar ist, wie lange der UVS diese neuen Zuständigkeiten behält. Auch ich als Personalvertreterin muss akzeptieren, dass man nicht fünfzehn neue Richter für eine Materie bestellt, für die vielleicht schon nächstes Jahr ein Bundesverwaltungsgericht eingerichtet wird. Für die Personalvertretung ist es vordringlich, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des UVS Wien in dieser schwierigen Phase nicht verheizt werden“.

Mitarbeiter dürfen nicht verheizt werden

Die Personalvertretung plant daher für Herbst eine Dienststellenversammlung zum Thema Krisenbewältigung. Das Motto für die nächste Zukunft dürfte lauten:  „Keep Calm and Carry On!“

NW

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