Die Forderung nach einem parteifreien Justizminister greife zu kurz.
Nachdem Österreich im Korruptionswahrnehmungsindex 2024 von Transparency International (TI) auf das historisch schlechteste Ergebnis von nur mehr 67 von 100 Punkten auf 25 abgerutscht ist, nimmt der Sprecher des Dachverbands der Verwaltungsrichter und Richterinnen, Markus Thoma, Stellung zum Grund über rechtsstaatliche Probleme, Postenbesetzungen und politische Einflussnahme.
Zu Forderungen nach einem parteifreien Justizminister führt er aus, dass dabei die Gefahr von Kosmetik bestehe, da auch ein Justizminister innerhalb des bestehenden politischen Systems eingebettet sei und daher die Parteifreiheit allein nicht ändere. Er betonte, dass es für die Gerichtsbarkeit viel wichtiger sei, dass der Einfluss der Politik auf Postenbesetzungen zurückgedrängt werde. Unabhängig davon, welche Partei in der Regierung vertreten sei, müsse über das bestehende, sehr enge, sehr konservative System hinausgehend nachgedacht werden. Auch wenn die Gerichtsbarkeit und die Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter ist in hohem Ausmaß ausgeprägt sei, sollte auch in Österreich über die Widerstandsfähigkeit der Institutionen gesprochen werden.
Die Staatsgewalten dürften nicht aus der Balance geraten. Die Gerichtsbarkeiten, egal ob Justiz oder die Verwaltungsgerichtsbarkeit, sollten daher generell den politischen Einflüssen entzogen werden. Es seien Strukturreformen seit vielen Regierungen schon längst überfällig und übten die (Landes-/Bundes-)Regierungen gerade bei den Verwaltungsgerichten zu viel Macht bei den Postenbesetzungen aus. Er habe bisher auch noch keine sinnvolle Erklärung der Regierung erhalten wie es dazu überhaupt kommen konnte, dass so lange um die Leitungsfunktion des größten Gerichts Österreich, des BVwG gefeilscht worden sei. Der Besetzungsvorschlag sei nach sachlichen und nicht an parteipolitischen Kriterien erstellt worden. Aber ja: Es wurde der Eindruck erweckt, dass letztlich die Auswahl des Präsidenten parteipolitisch dominiert ist.
Thoma führte auch aus, dass in den meisten anderen EU-Ländern einen obersten Richterrat zur Sicherstellung einer unabhängigen Verwaltung der Gerichtsbarkeit sichergestellt werde. Nach unserer Verfassung seien Institutionen wie die Gerichtsbarkeit ohnehin demokratisch legitimiert und bräuchten daher keinen Politiker, die die der Gerichtsbarkeit die Legitimation verleihen.
Seitens des Dachverbands seien daher bereits Vorschläge ausgearbeitet worden, Richter bei Besetzungsverfahren zu beteiligen und anzuhören, wie dies in vielen europäischen Staaten vorgesehen sei. Am Besetzungverfahren des Obersten Gerichtshof und Einbindung von Personalsenaten könnte man sich bei Besetzungsvorschlägen für Leitungspositionen auch für Verwaltungsgerichte orientieren.
So entscheidet die Bundesregierung ganz allein, wer an der Spitze des Verwaltungsgerichtshofs steht. Bei den Spitzen der Landesverwaltungsgerichte sind es die Landesregierungen. Auch die bekannt gewordenen Sideletter waren nicht geeignet, ein transparenten Bestellungsverfahren zu etablieren.
Unter Hinweis auf den früheren Justizminister Clemens Jabloner und der Warnung vor einem stillen Tod der Justiz müsse festgehalten werden, dass es zu Verbesserungen des Budgets und bei den Planstellen gekommen sei. Allerdings seien die Fallzahlen auch stark gestiegen und müsse beobachten werden, wie sich die Belastung (gerade sehr politiknahen Materien wie Asyl und Migration) in den kommenden Jahren entwickle. Einen stillen Tod müssten wir verhindern.