
Die interdisziplinäre Kommission zur Aufklärung des Verdachts der politischen Einflussnahme auf die österreichische Justiz hat ihr Ergebnis präsentiert und durchaus in Einzelfällen von „prominenten Strafsachen“ massive Missstände geortet. Grundsätzlich sei das österreichische Justizsystem im internationalen Vergleich ein gutes und funktionierendes System. Kritik werde an der Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften geübt. Die Feststellung politischer Interventionen betreffe dabei vor allem jene, die eine gewisse Zeitlang an Machtpositionen säßen.
Die Kommission wurde von der Justizministerin eingerichtet, um Verdachtsmomente in Richtung einer (auch nur versuchten) politischen Einflussnahme auf die Justiz im Zeitraum von Jänner 2010 (damals sei Plinacek Leiter der Strafrechtssektion im Justizressort geworden) bis Dezember 2023 aufzuklären. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit war von dieser Untersuchung nicht betroffen.
Als Missstände habe die Kommission Strafverfahren, bei denen parteipolitisch interveniert worden sei, eine Zweiklassenjustiz, in der Politiker bevorzugt behandelt werden, sowie Spitzenbeamte, die sich mit Politikern und Journalisten verhabern, aufgelistet. Bei Fällen, die etwa wegen der Bekanntheit des Beschuldigten von öffentlichen Interesse seien und bei denen die Staatsanwaltschaften besondere Berichtspflichten an die Oberbehörden treffen, sei es zu bevorzugten Behandlungen von Beschuldigten gekommen. Zwischen Justizvertretern und der Politik habe es zahlreiche Nahebeziehungen und Seilschaften gegeben. Es habe auch an Distanz wischen manchen Journalisten und Justizvertretern gemangelt. Es gebe auch Hinweise, dass die Verfahrensdauer und damit verbundene Verzögerungen ein Mittel sachfremder Einflüsse sein können; dies im Zusammenhang mit der Berichtspflicht von Anklagevorhaben der Staatsanwaltschaft an das Justizministerium.
Es fehle mitunter die Fehlerkultur, es herrsche in einigen Fällen ein „Rechtsgrundlagennebel“ und ungelöste Probleme zwischen Dienst- und Fachaufsicht und parteipolitische Kontextualisierung von Vorhaben zur Schwächung der WKStA – bis hin zum Versuch, diese zu zerschlagen.
Aufgrund des Ergebnisses werde von der Kommission eine unabhängige Bundesstaatsanwaltschaft gefordert sowie die Beschränkung des staatsanwaltlichen Instanzenzuges auf zwei Instanzen bei gleichzeitiger Stärkung der gerichtlichen Kontrolle und Reduktion des Berichtswesens.
Der Originalbericht mit seinen 230 Seiten werde erst in ein paar Tagen veröffentlicht werden, derzeit werde er vom Justizministerium noch medien- und datenschutzrechtlich geprüft.
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Siehe auch bereits: Interdisziplinäre Kommission zur Aufklärung des Verdachts der politischen Einflussnahme auf die österreichische Justiz eingerichtet