VwGH Judikatur / Ausnahme bei Entsendung und Transitverkehr

Mit der Entscheidung vom 01.09.2023 fällte der VwGH die erste Rechtsprechung zur Ausnahme vom Anwendungsbereich des LSD-BG gemäß dessen § 1 Abs. 5 Z 7 bei Tätigkeiten von mobilen Arbeitnehmern im Rahmen des Transitverkehrs, wenn dabei in Österreich (Durchfahrstaat) eine Ladung aufgenommen wird.

Reine Transitfahrten durch Österreich sind nicht als Entsendung im Sinne der Entsenderichtlinie zu qualifizieren. Aber auch wenn ein Lkw-Fahrer einer Gesellschaft aus einem EU-Mitgliedstaat auf dem Weg nach Deutschland Österreich nicht bloß durchquert hat, sondern in Österreich auch eine Ladung aufgenommen hat, die nach Deutschland transportiert werden sollte, er an der Ladetätigkeit aber nicht beteiligt war, sondern lediglich den Lkw gelenkt und auch sonst keine Tätigkeiten in Österreich ausgeführt hat, greift die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 5 Z 7 LSD-BG idF BGBl I 2016/44 (nunmehr: § 1 Abs. 8 Z 1 LSD-BG).

Da die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Rahmen des Transitverkehrs keine hinreichende Verbindung zum Bundesgebiet aufwies, war die Arbeitsleistung in Österreich als ausschließlich im Rahmen des Transitverkehrs erbracht anzusehen und fand das LSD-BG aufgrund des geringen Umfangs und der kurzen Dauer der Arbeitsleistung in Österreich keine Anwendung.

Nach den Gesetzesmaterialien liegt dem Begriff der Entsendung nach § 1 Abs. 5 LSD-BG 2016 der Entsendebegriff des Art. 1 Abs. 3 lit. a und b Entsenderichtlinie zu Grunde (RV 1111 BlgNR XXV. GP, 4). Es kann daher nicht angenommen werden, dass der österreichische Gesetzgeber den Anwendungsbereich des LSD-BG 2016, soweit dieses an die Entsendung von Arbeitnehmern aus einem anderen Mitgliedstaat nach Österreich anknüpft, abweichend vom Anwendungsbereich der Entsenderichtlinie abgrenzen wollte. Die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 5 Z 7 LSD-BG 2016 ist daher – in unionsrechtkonformer Auslegung – so zu verstehen, dass (nur) jene Tätigkeiten als mobiler Arbeitnehmer im Transportbereich vom Anwendungsbereich des LSD-BG 2016 ausgenommen sind, welche auch keine Entsendung nach der Entsenderichtlinie darstellen.

Ausgehend vom Urteil des EuGH in der Rechtssache Federatie Nederlandse Vakbeweging, C-815/18, hat der VwGH bereits ausgesprochen, dass Feststellungen insbesondere zu Art und Umfang der von einem mobilen Arbeitnehmer im österreichischen Hoheitsgebiet erbrachten Arbeitsleistung zu treffen sind, um im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Gesichtspunkte beurteilen zu können, ob diese Arbeitsleistung eine hinreichende Verbindung zum österreichischen Hoheitsgebiet aufweist (vgl. VwGH 24.06.2021, Ra 2017/09/0005; 07.09.2021, Ra 2017/11/0154; 20.9.2021, Ro 2018/11/0032).

Hier geht’s zur Entscheidung des VwGH vom 01.09.2023, Ra 2022/11/0128

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