Österreich hat noch einiges zu leisten in Punkto Rechtstaatlichkeit

Es gibt nicht nur bei den Verwaltungsgerichten den Anschein der politischen Einflussnahme bei den diversen Besetzungsverfahren von Leitungsfunktionen, auch bei der Strafjustiz ist der Anschein massiver politischer Einflussnahme der Politik gegeben, wie Peter Hilpold, Professor an der Universität Innsbruck, in einem Artikel zum Ausdruck bringt.

Der Fall Plinacek verdeutliche, dass die Korruptionsproblematik in Österreich nicht in den Griff zu bekommen sei. Es bestehe ein Reformstau bzw. Reformunwille. Ein wesentlicher Grund dafür sei auch, dass seit dem EU-Beitritt Österreichs wesentliche Anpassungen an den rechtsstaatlichen „acquis communautaire“ unterblieben und grundlegende Prinzipien des Unionsrechts bislang unbeachtet geblieben seien.

Die politische Abhängigkeit der österreichischen Staatsanwaltschaft stehe seit langem im Fokus nationaler und internationaler Kritik. Durch die (angebliche) „Jahrhundertreform“ 2008 sei diese in bedenklicher Form weiter ausgedehnt worden. Entscheidend und kritikwürdig sei, dass die Staatsanwaltschaft seit der Reform 2008, die eigentlich die Zahl der Weisungen reduzieren sollte, dem Justizministerium (und damit der Politik) in einer Weisungskette unterstehe. Staatsanwälte seien zu Ermittlern, Anklägern und (Untersuchungs-)Richtern in einer Person geworden und seien gegenüber dem Justizminister (und damit gegenüber der Politik) weisungsgebunden.

Neben der bestehenden Abhängigkeit der Justiz von der Politik sei weiterhin besorgniserregend, dass das Staatsanwaltschaftsgesetz (StAG) in § 35c das Absehen von Ermittlungen ermögliche, wenn „kein Anfangsverdacht“ vorliegt. Dies sei weder mit nationalen noch mit europäischen Rechtsstaatlichkeitsgrundsätzen vereinbar. Grund dafür sei, dass Strafverfolgung gemäß Art. 6, 8 und 13 EMRK auch Opferschutz bedeute und Opfer daher einen Strafverfolgungsanspruch haben.

Die völlige Loslösung der Justiz von der Politik und die Schaffung eines Justiz-Selbstverwaltungskörpers sei ein absolutes Muss.

Der Autor schließt seine Ausführungen mit dem Hinweis auf die europäischen Dimension des Reformbedarfs und fordert die Umsetzung notwendiger Veränderungen.

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