Klimaschutzgesetz sei seit 900 Tagen überfällig

Politik am Ring: Klima in Not. Parlamentsfraktionen diskutierten den Stand der Maßnahmen zum Stopp des Klimawandels in Österreich.

Vor dem Hintergrund der allseits bekannten Aktionen von Klimaklebern sowie der andauernden öffentlichen Diskussion zur Klimakrise ist es fraglich, ob die von Österreich gesetzten Maßnahmen diesem wichtigen Thema gerecht werden und in der Lage sind, diesbezüglich eine rasche, aber auch nachhaltige Verbesserung der Situation herbeizuführen. Ein neues Klimaschutzgesetz ist nach wie vor nicht beschlossen und das Klimaziel Österreichs bis 2030 scheint aus heutiger Sicht ebenso außer Reichweite zu sein, wie die angepeilte Klimaneutralität bis 2040.

Um einen Überblick über die derzeitige Situation gewinnen zu können, diskutierten am 19.06.2023 in der Internet-TV-Sendung Politik am Ring unter der Moderation von Gerald Groß Vertreter:innen der fünf Parlamentsfraktionen mit der Rechtsanwältin Michaela Krömer und mit Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik am Institut für Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolitik der Universität für Bodenkultur Wien.

Expert:innen mit Kritik an Regierungsparteien

Michaela Krömer, Rechtsanwältin und ausgebildete Wirtschaftsmediatorin, zeigte sich überzeugt, dass die Politik die Zeit „verschlafen“ habe, um die Erreichung der Klimaziele noch zu ermöglichen. Aus rechtlicher Sicht brauche es Rahmenbedingungen, es brauche ein Klimaschutzgesetz – dies deshalb, um Maßnahmen zu bündeln, sie wissenschaftlich überprüfbar zu machen und um rechtliche Beschwerdemechanismen zu ermöglichen. Ihrer Ansicht nach, so die Expertin, erfordere dies die Bundesverfassung, weil in der derzeitigen Situation Grund- und Menschenrechte bedroht und verletzt seien.

Einen Blickpunkt aus Sicht der Wissenschaft brachte Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik an der Boku Wien, ein, der meinte, die Diskussion sei von Fakten weit entfernt. Es hätte in den vergangenen drei Jahren zwar eine bessere Klimapolitik gegeben, aber bei konkreten Maßnahmen, wie etwa Tempo 100 auf Autobahnen oder einem Gesetz zur Förderung des Heizungstausches, hätten die Regierungsparteien „gepasst“. Die Emissionsbilanz zeige klar, dass die Emissionen in Österreich pro Jahr nur um 2 bis 3 Prozent sinken würden, vorgesehen seien aber 6 Prozent; da tue sich, so Steurer, eine nicht mehr schließbare Lücke auf, wenn man noch ein Jahr länger zuwarte.

Steurer relativierte auch die Möglichkeiten der von Abgeordnetem Schnabel angesprochenen Technologieoffenheit, da diese an physikalische Grenzen stoßen können. Es sei zu bedenken, dass der Einsatz von Technologien, wie zum Beispiel der Ersatz von konventionellen Energien durch Wasserstoff, nicht in allen Bereichen gleich erfolgversprechend sei, wie die ÖVP das zu vermitteln versuche. In Richtung Abgeordnetem Rauch betonte Steurer, dass Klimaschutz weder wirtschafts- noch wettbewerbsfeindlich sei. Als Beispiel nannte er die deutsche Automobilindustrie, die gegenüber China aufgrund des verspäteten Technologiewandels hin zum Elektroauto heute klare Wettbewerbsnachteile hätte.

Zu kritisieren sei auch der Vorwurf ideologischer Argumentation, so Steurer. Reinhard Steurer erachtete die Umsetzung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes sowie ein Klimaschutzgesetz als wichtigste Punkte, die schnellstens anzugehen seien. Auch Michaela Krömer befürwortete den Beschluss eines Erneuerbare-Wärme-Gesetzes, und man sollte, so Krömer, so schnell wie möglich den derzeitigen verfassungswidrigen Zustand beheben, etwa in Form eines Klimaschutzgesetzes mit Beschwerdemöglichkeiten.

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