Digitale Überwachung (1): EuGH hält auch deutsche Version der Vorratsdatenspeicherung nicht mit Unionsrecht vereinbar

Der EuGH hat bereits wiederholt entschieden, dass die generelle Vorratsdatenspeicherung auf nationaler Ebene mit der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation nicht vereinbar ist. Jetzt hat es auch die deutsche Regelung getroffen (EuGH vom 20.09.2022, Rs. C-793/19, C-794/19 u.a.).

Der Gerichtshof bestätigt, dass das Unionsrecht einer allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten entgegensteht, es sei denn, es liegt eine ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit vor. Damit bestätigt der EuGH seine bisherige Rechtsprechung, die auf eine lange Reihe von Urteilen zu den Regelungen anderer EU-Staaten zurückblicken kann.

Der EuGH beanstandet an den einschlägigen deutschen Regelungen im Telekommunikationsgesetz (TKG), dass Verkehrs- und Standortdaten, die zehn bzw. vier Wochen lang gespeichert werden, sehr genaue Rückschlüsse auf das Privatleben – etwa auf Gewohnheiten des täglichen Lebens, Aufenthaltsorte, ausgeübte Tätigkeiten und soziale Beziehungen – zulassen und es insbesondere möglich wird, ein Profil dieser Personen zu erstellen.

Der EuGH räumt aber in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung abweichend von dem grundsätzlichen Verbot einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung dennoch Spielraum für die Mitgliedstaaten ein, das Instrument vorzusehen

  • zum Schutz der nationalen Sicherheit dürfen Verkehrs- und Standortdaten allgemein und unterschiedslos auf Vorrat gespeichert werden, wenn sich der betreffende Mitgliedstaat einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit gegenübersieht. Eine solche Anordnung kann durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle kontrolliert werden und darf nur für einen auf das absolut Notwendige begrenzten Zeitaum ergehen
  • zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit auf der Grundlage begrenzender Kriterien bezogen auf betroffene Personen oder mittels eines geografischen Kriteriums kann eine gezielte Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten erfolgen
  • für dieselben Zwecke einen auf das absolut Notwendige begrenzten Zeitraum eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung der IP-Adressen, die der Quelle einer Verbindung zugewiesen sind
  • zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Bekämpfung der Kriminalität und zum Schutz der öffentlichen Sicherheit eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung der die Identität der Nutzer elektronischer Kommunikationsmittel betreffenden Daten
  • zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zum Schutz der nationalen Sicherheit kann den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste aufgegeben werden, während eines festgelegten Zeitraums die ihnen zur Verfügung stehenden Verkehrs- und Standortdaten umgehend zu sichern.

Dazu den ganzen Beitrag in der „Legal Tribune Online“ lesen…

Hier geht’s zur Entscheidung des EuGH vom 20.09.2022, Rs. C-793/19, C-794/19 u.a. …

Siehe dazu auch: Generelle Vorratsdatenspeicherung auf nationaler Ebene mit der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation nicht vereinbar

Teilen mit: