In dem am 11. Mai 2021 veröffentlichten Bericht zeigt sich der Europarat tief besorgt über die Entwicklungen in Europa und sieht die Gefahr, dass die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erfolgten Einschränkungen demokratischer Rechte nicht mehr vollständig zurückgenommen werden könnten.
Entwicklung hat bereits vor der Corona-Pandemie begonnen
Der Bericht analysiert die Entwicklungen in Europa in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Menschenrechte und Sicherheit seit dem letzten Bericht, der im Jahr 2018 erschienen ist. Neben vereinzelter Fortschritte seien aber in allen Bereichen besorgniserregende Rückschritte in Europa zu beobachten. Diese Entwicklungen hätten bereits vor der Corona-Pandemie begonnen, seien aber durch die zur Bekämpfung der Pandemie ergriffenen Maßnahmen weiter verstärkt worden. So seien die Rechte und Freiheiten des Einzelnen in einer Weise eingeschränkt worden, die in normalen Zeiten inakzeptabel gewesen wäre, ebenso die Demokratie. Die Gefahr bestehe aktuell darin, dass sich unsere demokratische Kultur davon nicht vollständig erholen werde.
Hier einzelne Punkte im Überblick:
Gerichtsbarkeit:
► die nationalen Gerichte haben größer werdende Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Handeln der Exekutivgewalt zu bewältigten;
► Rechtsvorschriften wurden in den letzten Jahren häufig mit dem Ziel geändert, die Umsetzung politischer Maßnahmen zu erleichtern oder den Einfluss auf die Ernennung von Richtern oder die Zusammensetzung und Arbeitsweise gerichtlicher Selbstverwaltungsgremien zu ermöglichen;
► Es wurden Schritte unternommen, um die dienstrechtliche Stellung von Richtern zu schwächen oder um der Exekutive zu ermöglichen, in die Entscheidungsgewalt der Gerichtspräsidenten eingreifen zu können;
► Covid-19 hat zum Anfall neuer Gerichtsverfahren geführt und damit zu erwartenden Verfahrensrückständen, ebenso zu Verzögerungen bei Richterernennungen;
Versammlungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit:
► der Raum für die Zivilgesellschaft schrumpft in immer mehr Staaten, friedliche öffentliche Veranstaltungen werden als öffentliche Gefahr behandelt
► in den vergangenen Jahren wurden restriktivere Rechtsvorschriften eingeführt;
► legitime Bedenken in Bezug auf Dinge wie Terrorismus und die Forderung nach öffentlicher Transparenz wurden genutzt, um ausgewählte Nichtregierungsorganisationen und öffentliche Versammlungen anzugreifen;
► unter dem Vorwand, die Mehrheitsgesellschaft zu schützen, hat die Diskriminierung insbesondere wegen politischer Ansichten, Religion, ethnischem Hintergrund oder sexueller Orientierung zugenommen;
Meinungsfreiheit:
► diese ist in vielen Mitgliedstaaten rückläufig;
► es gab eine Zunahme der Gewalt gegen Journalisten, eingeschlossen Morde, die oft ungestraft blieben;
► während der Gesundheitskrise sind Zensur und Repressalien im Zusammenhang mit der Hinterfragung von Regierungsmaßnahme zur Pandemiebekämpfung stark gestiegen;
► die Pandemie hat die Notwendigkeit von qualitativ hochwertigem, faktenbasiertem Journalismus hervorgehoben. Die Pandemie hat aber die finanziellen Einnahmen für diese Nachrichtenmedien gesenkt und damit einen Sektor, der bereits zu kämpfen hatte, weiter belastet. Diese Entwicklung hat gemeinsam mit einem Anstieg der Desinformation zu einer „Nachrichten-Skepsis“ geführt, wodurch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Berichterstattung verloren ging;
► auch Fälle der großflächigen Sperrung von Websites richten sich gegen die Meinungsfreiheit;
► Online Hassreden haben zugenommen.
Hier den ganzen Bericht lesen (nur Englisch verfügbar) …
Siehe dazu auch: Richter kritisieren Angriffe aus Politik