Kumulationsstrafen (1): EuGH lehnt Kumulationsprinzip in Strafverfahren aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 ab

Anlass des Urteils des Europäischen Gerichtshof waren Verkehrskontrollen in Italien. Es ging um die Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über die Verwendung von Kontrollgeräten (Fahrtenschreiber) im Straßenverkehr.

Nach dieser Verordnung sind LKW-Fahrer verpflichtet, für jeden der vergangenen 28 Tage die Schaublätter ihres Fahrtenschreibers vorzulegen. Zwei kontrollierte Personen konnten allerdings für einige Tage keine Blätter vorweisen. Die Behörden verhängten daraufhin für jeden einzelnen Tag eine eigene Strafe.

Der oberste italienische Kassationsgerichtshof (Corte suprema di cassazione)  legte dem EuGH die Frage vor, ob nicht vielmehr eine einzige Strafe für den gesamten Zeitraum hätte verhängt werden müssen.

Der Gerichtshof bejahte: Die fragliche Bestimmung begründe eine einheitliche Verpflichtung, die sich auf den gesamten Zeitraum erstreckt. Somit stellen mehrere Pflichtverletzungen einen einheitlichen Verstoß dar. Auch der in der Grundrechtecharta verankerte Grundsatz der Bestimmtheit von strafbaren Handlungen lege fest, dass für Bürger klar erkennbar sein muss, bei welchen Verhaltensweisen sie mit welchen Sanktionen zu rechnen haben (Rechtssachen C‑870/19 und C‑871/19).

Hier geht’s zum Urteil des EuGH vom 24.03.2021 in den Rechtssachen C‑870/19 und C‑871/19

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