Nach Auffassung der Bundesregierung soll beim Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit der Abgabe und Veröffentlichung eines Sondervotums in Form einer „dissenting opinion“ vorgesehen werden.
Während als Argument für die Veröffentlichung abweichender Meinungen angeführt wird, damit würde mehr Transparenz in die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs gebracht werden, wird gegen ein Sondervotum argumentiert, damit würde die Akzeptanz einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs als Kollegialorgan beeinträchtigt.
Das Europäische Parlament hat zu diesem Thema schon vor längerem eine Studie veröffentlicht, welche die Vor- und Nachteile von abweichenden Stellungnahmen untersucht. Nach einer Analyse der Arbeitsweise der obersten Gerichtshöfe und Verfassungsgerichte der Mitgliedstaaten, wird auf die Praxis an den internationalen Gerichtshöfen eingegangen. Abschließend wird erörtert, ob die Praxis der Veröffentlichung abweichender Stellungnahmen auch für den EuGH geeignet sein könnte oder nicht.
Auch der Europarat (Venice Commission) hat zur Frage der Sondervoten an den nationalen Verfassungsgerichten einen umfangreichen Bericht verfasst, der im Dezember 2018 beschlossen wurde.
Die Frage, ob diese Maßnahme in Österreich umgesetzt werden soll und dies aktuell der richtige Zeitpunkt ist, um damit eine Stärkung des Rechsstaats zu bewirken, ist umstritten.
Hier geht’s zur Studie des EU-Parlaments (Deutsch) …
Hier geht’s zum Report des Europarates (nur englisch verfügbar) …
Siehe dazu auch:
Offener Dissens beim Verfassungsgerichtshof: Was dafür und was dagegen spricht im Standard …
VfGH-Präsident will keine Gegenmeinung, sondern „gemeinsame Entscheidung“ im Kurier …
ÖVP beharrt trotz Kritik auf „Dissenting Opinions“ im VfGH in der Kleinen Zeitung …