Epidemiegesetz: Verfassungsrechtliche Bedenken des OGH gegen Zuständigkeitsbestimmung

Der Oberste Gerichtshof hegt verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 7 Abs. 1a (Sätze 2 bis 4) Epidemiegesetz wegen der Verletzung des Grundsatzes der Trennung von Justiz und Verwaltung und wegen des Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip (Beschluss vom 02.11.2020, 7 Ob 139/20x)

Im Zusammenhang mit einem Antrag auf Überprüfung der Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung, welche durch Erlassung eines Absonderungsbescheides erfolgte, entstanden beim Gerichtshof Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 7 Abs. 1a Epidemiegesetz.

Der Gerichtshof bezweifelt die Verfassungskonformität einer Zuständigkeit der Bezirksgerichte über Beschwerden gegen Absonderungsbescheide bzw. über die im Gesetz vorgesehenen Anträge auf Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung zu entscheiden.

Aus den Erläuterungen zum Epidemiegesetz ergebe sich nicht die Ansicht des Gesetzgebers, die Bezirksgerichte als Rechtsschutzinstanz gegen verwaltungsbehördliche Entscheidungen anzusehen, da sich in diesem Falle sogar ein 4-gliedriger Instanzenzug (Verwaltungsbehörde, Bezirksgericht, Landesgericht, Oberster Gerichtshof) ergebe. Vielmehr würden die Materialien zur Einführung des § 7 Abs. 1a EpiG mit BGBl.  Nr. I 2016/63 von einem Beschwerderecht an das Landesverwaltungsgericht sprechen.

Darüber hinaus müsse die sachliche Zuständigkeit einer Behörde im Gesetz selbst festgelegt sein. Der Gesetzgeber sei verpflichtet, eine präzise Regelung der Behördenzuständigkeit vorzunehmen und zwar derart, dass es keiner subtilen oder komplizierten Auslegung bedürfe, um die von Gesetzgeber gewollte Kompetenz der Behörden ermitteln zu können. Die Bestimmung des § 7 Abs.1a Satz 2 EpiG enthalte keine solche präzise Regelung der Behördenzuständigkeit und verstoße daher gegen Art. 18 B-VG.

Hier geht’s zum Anfechtungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs …

Siehe dazu auch: Beschluss des LVwG Niederösterreich vom 28.10.2020 über die Zurückweisung einer Beschwerde gegen den Absonderungsbescheid der Bezirksverwaltungsbehörde wegen Unzuständigkeit

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