Zwei Jahre Datenschutzgrundverordnung: Durchwachsene Bilanz

Zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zog der Dachverband der europäischen Datenschutzorganisationen EDRi nun eine erste, sehr durchwachsene Bilanz. Die Umsetzung der Verordnung in vielen Mitgliedsstaaten sei völlig ungenügend und systematische Verstöße blieben vielfach ungeahndet, hieß es. (Siehe dazu: Datenschutz-NGOs frontal gegen Datenschutzbehörden)

Datenschutzbehörden werden politisch instrumentalisiert

In Staaten wie Ungarn, der Slowakei und Rumänien würden die Datenschutzbehörden sogar politisch instrumentalisiert, um gegen Medienberichte vorzugehen. So hatte nach den von den Datenschutzorganisationen dokumentierten Fällen die slowakische Datenschutzbehörde das tschechische Zentrum für investigativen Journalismus mit einer Strafandrohung von zehn Millionen Euro (!) Ende 2019 dazu zwingen wollen, ein Video vom Netz zu nehmen. Das Video zeigt den mittlerweile verhafteten slowakischen Unternehmer Marian Kocner, wie er eine Überwachungskamera im Büro des ehemaligen Generalstaatsanwalts Dobroslav Trnka installiert, der in Folge ermordet wurde. Kocner sitzt wegen dieses und der Morde an den Journalisten Jan Kuciak und Martina Kusnirova in Untersuchungshaft.

In Ungarn hatte einer der Oligarchen, die Viktor Orban im Sattel halten, unter Berufung auf die Datenschutzgrundverordnung eine einstweilige Verfügung gerichtlich durchgesetzt, die Februarausgabe des US-Wirtschaftsmagazins „Forbes“ beschlagnahmen zu lassen. Einer der Eigentümer des größten ungarischen Getränkekonzerns wollte partout nicht in der Liste der 50 reichsten Ungarn aufscheinen.

In Rumänien wiederum wurde Ende 2018 versucht, einen Bericht des Anti-Korruptionsprojekts RISE über den Missbrauch von EU-Geldern in Rumänien zu verhindern. Auch diese Intervention lief über die Datenschutzbehörden, auch hier wurde versucht, die Berichterstatter durch die (theoretisch möglichen) hohen Strafen gegen Datenschutzverstöße einzuschüchtern.

Konspiriert Irische Datenschutzbehörde mit Facebook ?

Letzte Woche hatte Max Schrems (NoYB) der irischen Datenschutzbehörde (DPC) vorgeworfen, mit Facebook zur Umgehung der Datenschutzgesetze regelrecht zu konspirieren. Die DPC agiere quasi als fünfte Kolonne der US-Internetkonzerne, deren Europazentralen fast alle in Irland niedergelassen sind.

Konkret wird der irischen Datenschutzbehörden von Schrems vorgeworfen, in zehn gemeinsamen Sitzungen mit Facebook einen Plan ausgearbeitet zu haben, mit dem die in der DSGVO vorgeschriebene Zustimmung durch die Benutzer umgangen wurde. Am Tag des Inkrafttretens der DSGVO in Irland war der Begriff „Zustimmung“ aus den Geschäftsbedingungen des Sozialen Netzwerks verschwunden. Stattdessen beruft sich Facebook auf einen ominösen „Datennutzungsvertrag“ mit den Benutzern, der Facebook Datenverarbeitungen aller Art erlaube bzw. den Konzern sogar dazu verpflichte. Die irische Datenschutzbehörde akzeptiert diese Vorgangsweise des Internetkonzerns bis heute als legitim.

Datenschutz als Corona-Opfer?

Der Druck von Unternehmen und Verbände auf Politik und Aufsichtsbehörden, künftig beim Datenschutz „ein Auge zuzudrücken“, wird steigen, insbesondere wenn es zu massiven Umsatzeinbrüchen und einer Pleitewelle kommt. Zu diesem Schluss kommt ein Kommentar, der auf heise.de veröffentlicht wurde.

Der Autor sieht die Gefahr, dass es auch in der Öffentlichkeit weniger Rückhalt für Regelungen und behördliche Entscheidungen geben wird, die gerne als wirtschaftsfeindlich gebrandmarkt werden. Eine ähnliche Diskussion sei bereits beim Klimaschutz feststellbar, wo Wirtschaftsvertreter und Politiker ebenfalls laxere Kriterien fordern.

Erste Effekte zeigten sich bereits. Der Landesdatenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg habe bereits berichtet, dass die Zahl der Beschwerden von Bürgern gegen Unternehmen seit der Pandemie stark zurückgegangen seien, die Beschwerden gegen den Staat dagegen sehr zugenommen hätten, insbesondere auch Fragen nach der Datenerhebung durch das Robert Koch-Institut und die Corona-App. Er sagte, dass manche Behörden meinten: „Jetzt ist nicht die Zeit für Datenschutz.“ Sie halten ihn für hinderlich.

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