Die von Parlament und Regierung ergriffenen Maßnahmen stellen auch Verwaltungsgerichte und Rechtsschutzsuchende sowie deren Vertreter vor eine Vielzahl praktischer Probleme. Einige davon wird wohl nur der Gesetzgeber lösen können.
Schon die Frage, ob und wie der Dienstbetrieb aufgrund der Bedeutung der Rechtsprechung für das Gemeinwohl „im unmittelbar notwendigen Ausmaß“ aufrecht zu erhalten ist, wird von den einzelnen Gerichten unterschiedlich beantwortet. Von einer Gerichtsschließung, Homeoffice bis zur Übertragung der Verantwortlichkeit auf den einzelnen Richter/ die einzelne Richterin ist die Bandbreite groß.
Gleiches gilt für die Frage, ob die Einhaltung des Betretungsverbots für die richterlichen und nichtrichterlichen Gerichtsbediensteten als gerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst gilt oder nicht.
Rechtsmittelfristen und Entscheidungsfristen laufen weiter
Die auf Grund des COVID-19-Maßnahmengesetzes erlassenen Verordnungen sind vorläufig mit Ablauf des 22. März 2020 befristet. Die von den Bezirksverwaltungsbehörden auf Grund des Epidemiengesetzes erlassenen Verordnungen gelten teilweise bis Anfang April. Auf Grund der in anderen Ländern gewonnenen Erfahrungen ist wohl die Verlängerung dieser Maßnahmen für weitere Wochen zu erwarten.
Ohne Änderung der Verfahrensgesetze laufen aber die Rechtsmittelfristen für die Rechtsschutzsuchenden und deren Vertreter sowie die Entscheidungsfristen der Verwaltungsgerichte ungehindert weiter. Womit nach der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen zu befürchten ist, dass die Verwaltungsgerichte wegen einer Fristversäumnis mit Wiedereinsetzungsanträgen oder wegen Verletzung der Entscheidungsfrist mit Fristsetzungsanträgen „überschwemmt“ werden könnten.
Hier wird der Gesetzgeber gefordert sein.
Auch in Deutschland wird auf Grund der aktuellen Entwicklung diskutiert, welche gesetzlichen und verfahrensrechtlichen Maßnahmen für das Funktionieren des Rechtsstaats in Notzeiten erforderlich sind.