Nachdem die Kür der Büroleiterin von Ex-Landeshauptmann Niessl zur Präsidentin des Landesverwaltungsgerichts Burgenland gescheitert war, wird jetzt mit einem neuen Gesetz ein neuer Anlauf unternommen. Die Gelegenheit, mit dieser Gesetzesnovelle die Ernennungsvoraussetzungen und das Bestellungsverfahren den europäischen Standards anzupassen, wurde nicht genützt.
Weiter politische Ernennung von „Nicht-Richtern“ zu Gerichtspräsidenten möglich
Das „Consultative Council of European Judges“ des Europarates hat in seiner Stellungnahme vom 29. März 2019 Feststellungen getroffen, die für alle Verwaltungsgerichte in Österreich von Bedeutung sind. Das Expertengremium vermisst eine saubere Trennung zwischen der Landesregierung und dem Gericht, das die Rechtmäßigkeit der Verwaltung kontrollieren soll, und kritisierte, dass der Präsident im freien Ermessen und ohne richterliche Mitwirkungsmöglichkeit von der Landesregierung bestellt wird.
Als wichtig für die Unabhängigkeit der Gerichte wird angesehen, dass die Richter unabhängig von der Exekutive und der Legislative vorzugsweise von einem Justizrat bestellt werden. Gerügt wird auch der Umstand, dass der Präsident nicht auf dieselbe Weise bestellt wird wie die Mitglieder des Gerichtes, zu deren Ernennung bereits bestellte Richter Vorschläge erstatten. Auch wäre es nach Ansicht des Expertenrats von Vorteil, wenn der Präsident bereits vor seiner Bestellung Rechtsprechungserfahrung gesammelt hat.
Wie der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) in einem Schreiben vom 28. April 2019 an die im Nationalrat vertretenen Parteien ausführt, erfordern diese Feststellungen des Expertenrats, die strukturelle Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte in Österreich einer genauen Prüfung zu unterziehen mit dem Ziel, die erforderlichen Anpassungen an die europäischen Standards vorzunehmen. Dies betrifft u.a. auch die Notwendigkeit, die Rechtsprechungserfahrung als Ernennungsvoraussetzung für die Bestellung zur Präsidentin/zum Präsidenten eines Verwaltungsgerichtes zu verankern und eine Angleichung des Bestellungsverfahrens für Präsidentinnen/Präsidenten der Verwaltungsgerichte an jenes der Richterinnen/Richter vorzunehmen.
Gesetzesentwurf ignoriert alle rechtsstaatlichen Bedenken
Im vorliegenden Gesetzesentwurf werden die Ernennungsvoraussetzungen für den zukünftigen Präsidenten werden sogar reduziert: abgesehen vom Rechtsstudium wird nur mehr eine „fünfjährige juristische Berufserfahrung“ verlangt, auf das Erfordernis einer Dienstprüfung in einem Rechtsberuf wird ebenso verzichtet wie auf Rechtsprechungserfahrung. Das Auswahlverfahren soll weiterhin nicht von der Vollversammlung, sondern von einer Auswahlkommission vorgenommen werden, deren Zusammensetzung im freien Ermessen der Landesregierung liegt.
Entgegen der Behauptungen in den Erläuterungen haben die Erfahrungen in der Vergangenheit gezeigt, dass die Bewertung durch eine von der Landesregierung eingesetzte Auswahlkommission im Auswahlverfahren nichts zur „Transparenz und Nachvollziehbarkeit“ beigetragen hat. So wurden nicht einmal das Kalkül und die Begründung für den Abbruch des Auswahlverfahrens im Jänner dieses Jahres, bei dem noch zwei geeignete Kandidaten (Richter des LVwG) „übriggeblieben“ waren, öffentlich gemacht.
Dies nährt den Verdacht, dass der im Landtag von der Regierungsbank aus verkündeten Meinung des damaligen Finanzlandesrats und designierten Landeshauptmannes, wonach kein Richter des Gerichts als Bewerber für den Präsidentenposten geeignet sei, zum Durchbruch verholfen werden soll.
Ein Auswahlverfahren ohne Bekanntgabe einer vor Beginn des Verfahrens erfolgten Festlegung von gewichteten Auswahlkriterien, des Bewertungsergebnisses samt Begründung und ohne jeglichen Rechtsschutz für die Bewerberinnen und Bewerber widerspricht jedenfalls eklatant den Grundprinzipien der Transparenz und Nachvollziehbarkeit.
Die einzige besoldungsrechtliche Besserstellung wird für den zukünftigen Präsidenten vorgesehen: Seine Zulage wird um 60 Prozent erhöht. Das Gesetz soll im Oktober beschlossen werden. Favorit für den Posten soll nach Medienberichten der derzeitige Landesamtsdirektor sein.