VwGH Judikatur / Sicherheitspolizeigesetz: Definition des Begriffs „Sportgroßveranstaltung“ 

Das Sicherheitspolizeigesetz ermöglicht präventive Maßnahmen gegen  Personen,  welche im Zusammenhang mit einer Sportgroßveranstaltung bereits gewalttägig waren oder gegen das Verbotsgesetz oder gegen ein Betretungsverbot verstoßen haben.

In diesen Fällen sind die Sicherheitsbehörden ermächtigt, der betreffenden Person mit Bescheid aufzuerlegen, zu einem bestimmten Zeitpunkt bei der Sicherheitsbehörde oder einem Polizeikommando persönlich zu erscheinen und sich nachweislich über rechtskonformes Verhalten belehren zu lassen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, die betreffende Person werde im Zusammenhang mit einer bevorstehenden Sportgroßveranstaltung einen gefährlichen Angriff setzen.

Einen solchen Bescheid hatte der Beschwerdeführer im Revisionsfall erhalten. Der  gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich keine Folge.

In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen (außerordentlichen) Revision wurde vorgebracht,  es fehle zur Interpretation des Begriffs „Sportgroßveranstaltung“ im Sinne des SPG eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Im Beschwerdefall könne von einer solchen keine Rede sein, da es sich beim betreffenden Fußballspiel nur um ein – sportlich bedeutungsloses – Testspiel vor wenigen Zuschauern gehandelt habe, bei dem auch kein Eintrittsgeld verlangt worden sei. Auch sei das Medieninteresse „gleich null“ gewesen.

„Sportgroßveranstaltung“  bei wenigstens 3.000 Zusehern

Der Verwaltungsgerichtshof nahm die Revision in Behandlung und führte unter Heranziehung  der Gesetzesmaterialien aus, unter Sportgroßveranstaltungen seien „jedenfalls“ Sportveranstaltungen internationalen Formats zu verstehen, die über einen bestimmten Zeitraum an verschiedenen Veranstaltungsorten stattfinden, dh. Sportveranstaltungen im Rahmen von Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften etc.

In anderen Fällen hänge die Qualifizierung als Sportgroßveranstaltung von einer Beurteilung im Einzelfall ab, die ex ante von der zuständigen Sicherheitsbehörde zu treffen ist. Bei dieser Beurteilung sei in erster Linie die erwartete Besucheranzahl von Bedeutung. In einem früheren Erkenntnis hatte der Verwaltungsgerichtshof  das Vorliegen einer „Großveranstaltung“ bei einer durchschnittlichen Zuseherzahl von ca. 7.000 angenommen (VwGH 10.1.2011, 2010/17/0253).

Ausgehend davon, dass in den Gesetzesmaterialen in diesem Zusammenhang Fußballspiele der obersten österreichischen Spielklasse („Bundesliga“) als Referenzgröße angeführt werde, werde man das Vorliegen einer Sportgroßveranstaltung allgemein, dh. nicht nur bei Fußballspielen, im Regelfall bei einer erwarteten Zuseherzahl von wenigstens 3.000 Personen anzunehmen haben .

Entscheidend sei jedenfalls nicht, wie viele Zuseher zur Veranstaltung tatsächlich kamen, sondern mit welchen Zuseherzahlen ex ante prognostisch gerechnet werden konnte.

Im Falle des  Unterschreitens der erwähnten Zuseherzahl könnten aber ausnahmsweise auch andere Faktoren für die Qualifizierung einer Sportveranstaltung als Sportgroßveranstaltung ausschlaggebend sein. Etwa die sonstige Bedeutung der Sportveranstaltung in gesamtösterreichischer oder überregionaler bzw.  in sportlicher, wirtschaftlicher und medialer Hinsicht oder  das Vorliegen besonderer (Begleit-)Umstände der Sportveranstaltung wie beispielsweise die Austragung eines sog. „Derbys“.

Hier geht’s zum Erkenntnis Ra 2017/01/0055 vom 14.12.2018

 

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