Matejka: Wer Europäische Menschenrechtskonvention infrage stellt, stellt Rechtsstaat infrage

Die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, hat am Donnerstag in der „ZiB 2“ des ORF die Aussagen von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) zum Rechtsstaat scharf kritisiert. Kickl habe nicht nur das Legalitätsprinzip infrage gestellt, sondern auch die Menschenrechtskonvention. „Wer sie infrage stellt, stellt auch unseren Rechtsstaat infrage“, sagte sie und sah die Gefahr eines Angriffs auf den Rechtsstaat. (Siehe dazu:  „Recht muss Politik folgen, nicht Politik dem Recht“)

Die Kritik am Innenminister „teile nicht nur ich, sondern auch sehr, sehr viele Kolleginnen und Kollegen, die über diese Äußerungen des Herrn Innenministers sehr empört und eigentlich schockiert waren“, sagte Matejka.  Kickl hatte im ORF-„Report“ am Dienstag angekündigt, Grundregeln wie die Menschenrechtskonvention hinterfragen zu wollen. Und er ergänzte: „Denn ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht.“

Vollziehung und Rechtsprechung nicht auf Zuruf der Politik

Zur Rechtfertigung aus den Reihen der FPÖ, Kickl habe gemeint, die Politik sei der Gesetzgeber, Exekutive und Judikative müssten diese Gesetze vollziehen, sagte die Präsidentin: „Zum einen glaube ich, kommt es nicht darauf an, wie man jetzt diese Aussage im Nachhinein interpretiert und erklärt, sondern es kommt auf die Botschaft an, die da gesendet wurde, als er das so gesagt hat. Wenn er über Gesetzgebung sprechen möchte, dann kann er das auch klar so formulieren. Er hat aber etwas anderes gesagt. Und die Botschaft, die glaube ich bei den meisten Menschen so angekommen ist, war, dass eben das Recht der Politik – dem Zuruf der Politik – zu folgen hat, sprich die Vollziehung oder gar die Rechtsprechung.“

Und der Innenminister habe nicht nur das Legalitätsprinzip infrage gestellt, sondern auch die Menschenrechtskonvention: „Menschenrechte und diese Konvention sind ein Fundament unseres Rechtsstaates. Wer sie infrage stellt, stellt auch unseren Rechtsstaat infrage.“

Kickl habe davon gesprochen, dass die Rechte wie jene der Menschenrechtskonvention missbraucht werden – „und er darin eine Gefahr für den Rechtsstaat sieht“, so Matejka. „Aber ich sehe die Gefahr nicht im Missbrauch dieser Rechte, sondern ich sehe die Gefahr darin, dass man den Rechtsstaat angreift.“

Kritik auch von Rechtsanwälten

Namhafte Juristen sind bei einer Pressekonferenz der „Plattform Rechtsstaat“ den Äußerungen Kickls entgegengetreten. Für Friedrich Forsthuber, Obmann der Fachgruppe Strafrecht in der Richtervereinigung, hat Kickl damit am „Wertegerüst unserer Rechtsordnung“ gerüttelt. „Ich finde es unerträglich, wenn die Grundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention infrage gestellt werden. Das ist eines Rechtsstaates unwürdig“, meinte dabei der Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer, Michael Enzinger.

Der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann im Nationalrat, Johann Gudenus, stellte sich in der Diskussion klar hinter seinen Parteifreund. Auf die Frage, ob die Menschenrechtskonvention geändert gehört, sagte Gudenus: „Nein, wenn man sie richtig auslegt. Im Rahmen der Menschenrechtskonvention ist viel mehr möglich. Wir sind gerade dabei, diese rechtlichen Möglichkeiten auszuloten.“  Nicht rütteln dürfe man an rechtlichen Grundsätzen, wie den Grund- und Freiheitsrechte, aber auch nicht an der Menschenrechtskonvention, „wenn man sie richtig interpretiert“, sagte Gudenus. „Auch die Menschenrechtskonvention wurde von Menschen gemacht und ist nicht gottgegeben“, betonte er.

Klare Rückendeckung erhielt Kickl von Gudenus auch hinsichtlich seiner Aussage, wonach das Recht der Politik zu folgen habe „und nicht die Politik dem Recht“: „Recht wird im Parlament erzeugt. Das ist die Legislative. Insofern stimmt das auch“, sagte der Klubchef.

Kickl selbst erklärte am Donnerstag, er bekenne sich zu 100 Prozent zum Legalitätsprinzip. Andererseits verwies auch er darauf, dass die Gesetze von der Politik gemacht und diese dann von der Justiz vollzogen würden. Auch bezüglich seiner umstrittenen Aussagen zur Menschenrechtskonvention hielt der Innenminister allgemein fest, dass ja auch Gesetze immer wieder überprüft und allenfalls novelliert würden.

Hier den Beitrag auf news.at lesen …

Hier den Beitrag  auf nön.at lesen …

Siehe auch den Beitrag in den Salzburger Nachrichtern: Moser weist Kickl-Aussagen zu Menschenrechten zurück …

Siehe dazu auch: Asyl a la Carte wird es bei mir nicht geben“

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