Verwaltungsstrafverfahren: Weitreichende Änderungen passieren Verfassungsausschuss

Wer nur in geringfügigem Maß gegen gesetzliche oder behördliche Auflagen verstößt, könnte in Hinkunft mit einem blauen Auge davonkommen. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat mehrheitlich dafür gestimmt, den Grundsatz „Beraten statt strafen“ im Verwaltungsstrafgesetz zu verankern (§ 33a VStG). Demnach sollen ab 2019 bei weniger gravierenden Übertretungen Abmahnungen und Belehrungen Vorrang haben.

Allerdings sind die Bestimmungen sehr eng gefasst, so dürfen durch den Rechtsverstoß weder Personen noch Sachgüter je gefährdet gewesen sein. Auch bei vorsätzlichem Verhalten oder wiederholten gleichartigen Übertretungen ist ein Strafverzicht ausgeschlossen. Zudem ist der rechtskonforme Zustand innerhalb einer von der Behörde gesetzten Frist herzustellen.

Der neue Beratungs-Paragraph ist Teil eines von der Regierung vorgelegten umfangreichen Gesetzespakets. Es zielt insbesondere auf effizientere und transparentere Verwaltungsstrafverfahren ab. So werden etwa die Befugnisse von Sicherheitsorganen genauer definiert und die Beschuldigtenrechte im Einklang mit neuen EU-Vorgaben ausgeweitet. Außerdem ist eine Vereinheitlichung der Strafkataloge vorgesehen.

Straffere Verwaltungsverfahren

Abseits des Schwerpunkts Verwaltungsstrafrecht zielen einige der im Gesetzespaket enthaltenen Bestimmungen darüber hinaus auf eine Beschleunigung von Verwaltungsverfahren ab. So wird Behörden und Verwaltungsgerichten die Möglichkeit eingeräumt, Ermittlungsverfahren mit Schluss der mündlichen Verhandlung für beendet zu erklären. Auch sonst wird es Parteien erschwert, im letzten Augenblick noch neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. Damit wollen die Abgeordneten Verfahrensverschleppungen unterbinden. Dieselbe Stoßrichtung hat auch ein neuer Passus im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, der mittels Abänderungsantrag in das Paket eingefügt wurde: Demnach sind die Parteien in Hinkunft ausdrücklich dazu angehalten, „ihr Vorbringen so rechtzeitig und vollständig zu erstatten, dass das Verfahren möglichst rasch durchgeführt werden kann“.

Neuerungsverbot im behördlichen Verfahren

Die vorgeschlagene Neufassung des § 18 Abs. 8 und § 39 Abs. 4 AVG, welche einen Schluss des Beweisverfahrens für das behördliche Verfahren vorsehen , wurde in der Stellungnahme des Dachverbandes der Verwaltungsrichter eine Absage erteilt, da ein Neuerungsverbot im behördlichen Verfahren zwangsläufig zur Folge hat, dass sich das Verfahren einmal mehr zu den Verwaltungsgerichten hin verlagert. Diese Maßnahme ist somit an ungeeigneter Stelle, nämlich verfahrensrechtlich „zu früh“, angesetzt und unausgereift.

Um zu verhindern, dass zwischen dem Schluss des Ermittlungsverfahrens und der Bescheiderlassung ein allzu langer Zeitraum verstreicht, wird eine gesetzliche Acht-Wochen-Frist verankert: Ergeht in diesem Zeitraum nicht an zumindest eine Partei ein Bescheid, gilt das Ermittlungsverfahren wieder als offen.

Nur mit dem Stimmen der Regierungsparteien  passierte überdies ein eigenes Bundesgesetz, das der Umsetzung der Europäischen Ermittlungsanordnung in Verwaltungsstrafsachen dient, den Verfassungsausschuss. Für dieses Gesetz ist eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat nötig, wobei nach Meinung der Opposition noch einige Fragen zu klären sind.

Weitere Informationen: Parlamentskorrespondenz Nr. 778 vom 27.06.2018

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