Polnische Justizreform: Massive Kritik von Richtervereinigung in ganz Europa

Der Oberste Gerichtshof in Polen

Polens Parlament hat eine umstrittene Justizreform beschlossen, mit der sie auf die Richterwahl in dem Land entscheidenden Einfluss nehmen will. So soll der bisher unabhängige Justizrat, der über die Besetzung der Richterposten entscheidet, künftig vom Parlament, also der Mehrheitspartei, gewählt werden.

Das Oberste Gericht hingegen, das in letzter Instanz über strittige Urteile entscheidet und auch feststellt, ob Wahlen gültig oder ungültig sind, soll unter Aufsicht des Justizministeriums gestellt werden. Außerdem soll der Justizminister die Befugnis erhalten, innerhalb der nächsten 6 Monate ab Inkrafttreten des Gesetzes Gerichtspräsidenten zu entlassen und zu ersetzen. Damit wird die Gewaltenteilung in Polen aufgehoben, mahnen Kritiker.

Die Europäische Vereinigung der Richter (European Association of Judges) sieht in den Gesetzen eine gezielt Vorgangsweise zur Beseitigung des Rechtsstaats, wie sie in der Europäischen Union ohne Beispiel ist. Insbesondere die durch die Verfassungsreform der Regierung eingeräumte Möglichkeit, Einfluss auf die Zusammensetzung des Obersten Gerichtshof und des Justizrates zu nehmen und missliebige Richter zu pensionieren, wird auf das Schärfste kritisiert.

Die Europäische Vereinigung der Obersten Justizräte (European Network of Coucils for the Judiciary) hatte bereits bei ihrer letzten Vollversammlung in Juni 2017 festgestellt, dass Unabhängigkeit, Qualität und die Effizienz der Justizsysteme in jedem Mitgliedsstaat der Union nach Europäischen Standards gewährleistet sein muss. Ohne diese Standards könne es kein gegenseitiges Vertrauen der Justizbehörden und Gerichte in Europa geben. Die Vorgänge in Polen bedeuteten unweigerlich eine Erosion der richterlichen Unabhängigkeit und damit des Rechtsstaats.

Siehe dazu:

Stellungnahmen der EAJ (Europäische Richtervereinigung) und des ENCJ (Europäisches Netzwerk der Justizräte) zur Justizreform in Polen.

 

Stellungahme von Prof. Ewa Letowska:

 

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