Gegen „politische Begehrlichkeit“: Verwaltungsrichter bekommen eigene Akademie

Nach einem Bericht der Tageszeitung „Die Presse“ wurde letzten Freitag in den Räumlichkeiten des Verwaltungsgerichtshofes eine „Österreichische Akademie der Verwaltungsgerichtsbarkeit“ gegründet.

Diese soll den rund 700 Verwaltungsrichterinnen und Richtern eine Fortbildung sowohl im juristischen Bereich als auch in richterlichen Fertigkeiten vermitteln, da selbstständige Ansätze und Institutionen notwendig seien, um den besonderen Bedürfnissen eines verwaltungsrichterlichen Berufsbildes Rechnung zu tragen.

Verwaltungsrichterinnen und Richter sollen insbesondere in der Lage sein, „Begehrlichkeiten der politischen Ebene nach einer bestimmten Lösung nicht nachzugeben und auch der Kritik standhalten, die an manchmal unerwünschten Entscheidung geübt wird“, wird der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, Rudolf Thienel, im Bericht zitiert.

Im Wesentlichen dürfte es sich bei dem Vorhaben um ein Kooperationsabkommen zwischen der Johannes-Kepler- Universität Linz (JKU) und der Wirtschaftsuniversität Wien einerseits und der „PräsidentInnenkonferenz“ anderseits handeln, nach den Vorbild einer Vereinbarung, welche bereits der UVS Oberösterreich im Jahr 2011 mit der JKU getroffen hatte.

Ob also tatsächlich eine Akademie mit eigener Rechtspersönlichkeit und Budget geplant ist, kann dem Bericht nicht entnommen werden.

Versäumnisse werden sichtbar

Die Notwendigkeit der Gründung einer Richterakademie wurde von den im Dachverband vertretenen Standesvertretungen bereits im Februar 2014 gefordert  und zwar als bund- und länderübergreifendes unabhängiges „Institut für richterliche Aus-und Fortbildung“ laut der Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates Nr. 2010/12 und der Opinion 4. Die Schaffung einer Richterakademie für eine gemeinsame Aus- und Fortbildung aller Richterinnen und Richter war auch Gegenstand der Gespräche, die Vertreter des Dachverbandes mit Regierungsmitgliedern geführt haben.

Allerdings sind seitens der politisch Verantwortlichen keinerlei Maßnahmen gesetzt worden. Dabei gibt es auch in der Justiz Stimmen, die für Österreich eine Richterakademie fordern, in der eine zentrale, moderne, postuniversitäre Spezialausbildung geboten werden kann. Diese könnte, angelehnt an das Vorbild anderer Akademien, ein Berufsprofil für Richter und Staatsanwälte  entwickeln und die Personalauswahl und Ausbildung daran ausrichten. Der europäischen Entwicklung Rechnung tragend müsste eine Akademie einen Schwerpunkt auf soziale und kommunikative Fähigkeiten legen. Schließlich würden sich über eine neue Akademie die Berufe der Verwaltungsrichter und Justizrichter zusammenführen lassen.

Der Nationalrat hat in seiner Entschließung vom 7. Mai 2012 Maßnahmen im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Richtern und Richterinnen zur Entwicklung eines einheitlichen Richterbildes gefordert. Ob eine separate Akademie für Verwaltungsrichter diese Zielsetzung erreichen kann, scheint fraglich.

Siehe dazu:

Die Suche nach der Lucona – Personalauswahl und Ausbildung in der Justiz von Oliver Scheiber

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