Flughafen Wien: Türkisches Bewilligungsverfahren als Vorbild ?

Günther Ofner: In der Türkei wäre das nicht passiert!

Aufhorchen lässt Flughafenvorstand Günther Ofner in einem Interview zur  Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die dritte Landepiste mit folgendem Statement:

 

„In Istanbul wird in Kürze der größte Flughafen der Welt vor unseren Toren eröffnet werden, mit sechs Start- und Landebahnen. Und der wurde in weniger als fünf Jahren genehmigt und errichtet.“

Ein Grund sich näher anzusehen, wie die Abwicklung dieses Projektes dort tatsächlich erfolgt ist.

Umweltproteste und Baustopp 

Bereits zu Beginn des Genehmigungsverfahrens im Jahr 2013 gab es erste Berichte über Proteste von Umweltschützer gegen den geplanten Bau des größten Flughafens der Welt, immerhin sollten fast 700.000 Bäume gefällt werden.

Im Juni 2015 bremste das oberste Verwaltungsgericht der Türkei den Bau des neuen Großflughafens.

Die Richter beanstandeten die beschleunigten Enteignungsverfahren, mit denen der Staat die nötigen Flächen für das Riesenprojekt im Norden der Stadt zusammentragen wollte. Die Richter ordneten eine Einstellung der Enteignungen bis zu einem endgültigen Urteil an.

Sie betonten in ihrer Entscheidung, dass die von der Regierung per Kabinettsbeschluss angeordneten beschleunigten Enteignungen nur in Notstandssituationen wie Kriegen angewendet werden durften.

 

Einmischung der Regierung in die Unabhängigkeit der Justiz

Im Frühjahr 2015 kritisierten die „Venice-Commission“ des Europarates und die Europäische Vereinigung der Verwaltungsrichter (AEAJ) die Einmischung der Regierung in die Unabhängigkeit der Justiz in der Türkei scharf. Nach diesen Berichten wurden Verwaltungsrichter auf Grund der von ihnen getroffenen Entscheidungen an andere Gerichte versetzt, plötzlich von Verfahren abgezogen oder auf Grund missliebiger Urteile entlassen. Zudem weigerten sich Behörden, Entscheidungen der Verwaltungsgerichte zu vollziehen.

Ebenfalls im Juni 2015 stellte das oberste Verwaltungsgericht der Türkei fest, dass der von Präsident Erdogan erbaut neue Palast ein „Schwarzbau“ ist, weil die Baugenehmigung rechtswidrig erteilt worden war.

Ein Gericht erster Instanz hatte den Palast schon zuvor für illegal erklärt, da er inmitten eines Naturschutzgebiets steht. Präsident Erdogan hatte daraufhin mit der inzwischen viel zitierten Aussage reagiert: „Sollen sie [die Richter] ihn doch abreißen, wenn sie die Macht dazu haben.“

 

Im Juli 2016 kam es dann zu den bekannten Massenentlassung und Massenverhaftungen türkischer Richter, darunter auch viele Verwaltungsrichter. Die Fertigstellung des Flughafens, der vermutlich den Namen des Präsidenten tragen wird, ist für das Jahr 2018 geplant.

Resümee

Die Vorgänge in der Türkei und die Aushebelung des Rechtsstaats können auch Herrn Ofner nicht verborgen geblieben sein, wurde doch von internationalen Medien darüber ausführlich berichtet. Während Herr Ofner ob des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts sein „Vertrauen in den Rechtsstaat“ erschüttert sieht, treffen die Vorgänge in der Türkei bei ihm  auf keine Bedenken. Damit lässt Herr Ofner tiefer in sein Demokratie- und Rechtsstaatsverständnis blicken, als ihm lieb sein kann.

Mit der Funktion des Vorstandes eines internationalen, börsennotierten Unternehmens ist ein solches Verständnis im Grunde unvereinbar.

 

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