Die europäische Tabakrichtlinie (RL 2014/40/EU) ist gültig.
Dies hat der Europäische Gerichthof mit Urteilen vom 04.05.2016 entschieden. Sowohl die weitreichende Vereinheitlichung von Zigarettenpackungen, wie die Vorgaben zu Warnhinweisen („Schockfotos“), als auch das zukünftige Verbot von Mentholzigaretten und die neuen Regelungen für E-Zigaretten sind rechtmäßig (Az.: C-358/14, C-477/14 und C-547/14).
Der EuGH hat eine Nichtigkeitsklage Polens abgewiesen und die Gültigkeit der geprüften Richtlinienbestimmungen bestätigt.
Die Tabakrichtlinie verfolgt laut EuGH zwei Ziele: Sie solle ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse erleichtern und zugleich einen hohen Gesundheitsschutz, besonders für junge Menschen, gewährleisten. Zum Verbot von Mentholzigaretten weist der EuGH unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes darauf hin, dass Menthol durch sein angenehmes Aroma die Tabakerzeugnisse für die Verbraucher attraktiver machen soll. Eine Verringerung der Attraktivität dieser Erzeugnisse könne dazu beitragen, dass die Raucherzahlen sinken.
Weiter legt der EuGH dar, dass bei Erlass der Richtlinie erhebliche Unterschiede zwischen den Regelungen der Mitgliedstaaten bestanden hätten, da einige von ihnen verschiedene Listen zulässiger oder verbotener Aromen erstellt, andere hingegen keine besonderen Vorschriften hierzu erlassen hatten. Durch das Verbot des Inverkehrbringens von Tabakerzeugnissen mit einem charakteristischen Aroma beuge die Richtlinie einer solchen heterogenen Entwicklung der Regelungen der Mitgliedstaaten vor. Daher erleichtere ein solches Verbot auch das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse.
Das Verbot sei auch verhältnismäßig, so der EuGH. Die von Polen befürworteten Maßnahmen seien nicht gleich geeignet, um das verfolgte Ziel zu erreichen. Denn weder die Anhebung der Altersgrenze für den zulässigen Konsum nur für Tabakerzeugnisse mit einem charakteristischen Aroma noch das Verbot des grenzüberschreitenden Verkaufs von Tabakerzeugnissen oder die Anbringung eines gesundheitsbezogenen Warnhinweises auf der Etikettierung, dass Tabakerzeugnisse mit einem charakteristischen Aroma genauso schädlich für die Gesundheit wie die anderen Tabakerzeugnisse sind, könnten die Attraktivität dieser Erzeugnisse verringern und damit den Einstieg von Personen, die die festgelegte Altersgrenze überschreiten, in den Tabakkonsum verhindern. Ein solches Verbot verstoße auch nicht gegen den Subsidiaritätsgrundsatz.
Auch die Regelungen zur Vereinheitlichung der Etikettierung und der Verpackung von Tabakerzeugnissen sind laut EuGH nicht zu beanstanden. So erachtet er unter anderem die Vorgabe, dass jede Packung und jede Außenverpackung kombinierte (textlicher Warnhinweis und eine Farbfotografie) gesundheitsbezogene Warnhinweise tragen muss, die 65% der äußeren Vorder- und der äußeren Rückseite der Packung einnehmen, für verhältnismäßig.
Die Sonderregelung für elektronische Zigaretten sei ebenfalls EU-rechtskonform. Dass der EU-Gesetzgeber für elektronische Zigaretten eine andere und weniger strenge rechtliche Regelung als für Tabakerzeugnisse vorgesehen habe, verstoße nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da elektronische Zigaretten andere objektive Merkmale aufwiesen als Tabakerzeugnisse. Zudem seien angesichts des wachsenden Marktes für elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter die nationalen Vorschriften über die Anforderungen, denen diese Produkte entsprechen müssen, ohne eine EU-weite Harmonisierung von Natur aus geeignet, den freien Warenverkehr zu behindern. Indem die Richtlinie es den EU-Staaten erlaube, den grenzüberschreitenden Verkauf von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern im Fernabsatz zu verbieten, und den Staaten, die ihn nicht verbieten, bestimmte gemeinsame Regelungen aufgebe, ermögliche sie es den EU-Staaten, eine Umgehung der Konformitätsvorschriften zu verhindern.
Der EU-Gesetzgeber sei wegen der erwiesenen und potenziellen Risiken von E-Zigaretten veranlasst gewesen, gemäß dem Vorsorgeprinzip zu handeln. Insoweit sei die Anmeldepflicht für elektronische Zigaretten nicht zu beanstanden. Dies gelte auch für Verpflichtung der Hersteller und Importeure von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern, den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten jährlich bestimmte Informationen vorzulegen, die es ihnen ermöglichen, die Entwicklung des Markts zu überwachen. Ebenso wenig habe der Gesetzgeber willkürlich oder unverhältnismäßig gehandelt, als er den zulässigen Höchstgehalt an Nikotin der Flüssigkeit elektronischer Zigaretten auf 20 mg/ml festgelegt habe. Verhältnismäßig sei auch die Vorgabe eines gesonderten Beipackzettels für Packungen mit elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehälter.
Auch die Verbotsregelung in Bezug auf Werbung und Sponsoring für elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter ist laut EuGH verhältnismäßig. Außerdem berühre das den Wirtschaftsteilnehmern auferlegte Verbot, ihre Produkte zu bewerben, nicht den Wesensgehalt der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts, die durch die EU-Grundrechtecharta anerkannt seien. Die Sonderregelung für elektronische Zigaretten verstoße auch nicht gegen das Subsidiaritätsprinzip.