Ungelöstes Problem: Ermittlungspflicht der Verwaltungsgerichte
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat das Verwaltungsgericht von Amts wegen, unabhängig von Parteivorbringen und Parteianträgen, den wahren Sachverhalt durch Aufnahme der nötigen Beweise zu ermitteln (VwGH vom 26. Juni 2014, Zl.Ro 2014/03/0063).
Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings keine Aussage dazu getroffen, wie damit umzugehen ist, wenn die Behördenparteien die ihnen zugewiesenen Aufgaben nicht wahrnehmen, insbesondere die an sie gerichteten Fragestellungen nicht beantworten. In diesen Fällen wird es für die Gerichte zunehmend unmöglich, auf die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Argumente zielführend einzugehen.
Die Frage, ob eine gerichtliche Ermittlungspflicht besteht oder nicht, spielt in Glückspielverfahren auch deshalb eine entscheidende Rolle, weil der EuGH in der Rechtssache Pfleger ( C-390/12) klargestellt hatte, dass es „dem Mitgliedstaat … obliegt, dem Gericht … alle Umstände darzulegen, anhand deren dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt.“
Da die Frage der Rechtsstellung der österreichischen Verwaltungsgerichte aus Anlass eines Verwaltungsstrafverfahren nach dem Glücksspielgesetz Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH ist, wären Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zu dieser Problemstellung hilfreich gewesen.
Unbeachtetes Problem: Geldwäsche
Ein wesentlicher Rechtfertigungsgrund für die Errichtung eines Glückspielmonopols ist nach der Rechtsprechung des EuGH die Bekämpfung der damit verbundenen Kriminalität sein, im Besonderen die Bekämpfung der Geldwäsche. Dazu wurden bisher vom BM für Finanzen weder Daten zur Verfügung gestellt noch vom Verwaltungsgerichtshof konkrete Aussagen getroffen.
Greift man in diesem Zusammenhang auf die „Nationale Risikoanalyse“ zurück, die Österreich im Rahmen der Vorgaben der 4. EU-Geldwäsche-Richtlinie zu erstellen hatte und welche auf der Webseite des Bundesministeriums für Finanzen veröffentlich ist, fällt auf, dass dort Geldwäsche im Zusammenhang mit Glückspiel als Risiko gar nicht erfasst wurde. Dies deshalb, weil illegales Glückspiel nur mehr eine Verwaltungsübertretung bildet und keine gerichtliche strafbare Handlung (mehr) ist und aus diesem Grund eine Risikobewertung gar erfolgte.
(Siehe dazu: „Entkriminalisierung“ des illegalen Glückspiels verfassungskonform aber unionsrechtswidrig ?“)
Das erscheint insofern bemerkenswert, als bereits im Jahr 2012 ein leitender Oberstaatsanwalt aus dem Anti-Mafia-Pool in Palermo in einer öffentlichen Anhörung vor dem deutschen Bundestages ausgesagt hatte, dass Glücksspiele in Deutschland vom organisierten Verbrechen im großen Stil zur Geldwäsche genützt wird. Das erfolgt in der Weise, dass der Anbieter entweder überhöhte Umsätze vortäuscht und auf diese Weise illegal erworbene Geldmittel in den legalen Kreislauf bringt oder ein Teilnehmer an Glücksspielen illegal erworbenes Geld bei Glücksspielen einsetzt und im Gegenzug Glücksspielgewinne steuerfrei gewaschen zurückerhält. Das derzeitige Volumen für Geldwäsche in Deutschland wird auf 50 bis 100 Milliarden Euro jährlich geschätzt.
Im österreichischen Glücksspielgesetz finden sich gesonderte Regelungen zur Verhinderung von Geldwäsche, beim BM für Inneres ist eine „Meldestelle Geldwäsche“ eingerichtet. Aussagekräftige Daten zur Anwendung dieser Bestimmungen gibt es aber keine.