Hände entgegenstrecken und um Almosen bitten rechtfertigt keine Geld- und Haftstrafen.
Die Landesverwaltungsgerichte unterscheiden sehr genau zwischen der erlaubten schlichten Bitte um Geld und der verbotenen „aggressiven Form des Bettelns“. Nicht jede verbale Kontaktaufnahme mit Passanten ist demnach schon als aufdringliches Betteln zu werten.
Die jüngste Entscheidung kommt vom Landesverwaltungsgericht Vorarlberg und betrifft eine 25-jährige Rumänin. Sie sitzt oft in Feldkirch in der Tiefgarage am Marktplatz vor den Kassenautomaten, bittet Passanten um Geld und streckt ihnen dabei ihre Hände entgegen. Das reichte der Bezirkshauptmannschaft schon zur Verhängung von 200 Euro Strafe bzw. 96 Stunden Ersatzarrest im Fall der (naheliegenden) Uneinbringlichkeit. Die eingenommenen Spenden werden den ansonsten mittellosen Bettlern in solchen Fällen abgenommen und für verfallen erklärt.
Der Polizeibeamte, der die Anzeige erstattet hatte, konnte als Zeuge jedoch über gar keine Belästigung der Kunden in der Parkgarage berichten. Die Bettlerin habe zwar durch das Entgegenstrecken der Hände „die räumliche Distanz verkürzt“, was für die Angesprochenen unangenehm gewesen sei. Doch konnte er nicht beobachten, dass Leute zum etwas weiter entfernt stehenden Automaten ausgewichen seien.
Eine Bettlerin, die sich in Wien Passanten vor einer U-Bahnstation in den Weg gestellt und ihnen ihren Pappkartonbecher zum Einwerfen von Almosen vor die Nase gehalten hatte, wurde festgenommen. Auf dem Kommissariat musste sie sich nackt ausziehen und wurde durchsucht. Diese Maßnahme wurde vom Landesverwaltungsgericht Wien als unverhältnismäßig verurteilt, die aggressive Bettelei an sich aber als strafwürdig beurteilt.
In einem anderen Fall saß ein Bettler in Wien vor einer Geschäftspassage auf dem Boden und „erschwerte potenziellen Kunden das Vorbeigehen an den Auslagen“ (Anzeige). Das reicht ebenso wenig für eine Strafe wie im Fall aus Feldkirch. Es gehe nicht darum, Passanten „den bloßen Anblick der Bettler als nicht zumutbare Belästigung zu ersparen“, führen die Richter aus und hoben die Strafen auf.
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