Verwaltungsrichter kritisieren Nachbesetzungen am Wiener Gericht.
Von Benedikt Kommenda (Die Presse)
Wien will bei der Auswahl von Richtern für sein Landesverwaltungsgericht auf den Willen des Magistrats offenbar nicht verzichten. Dieser Tage wurden vier Mitglieder ernannt, die ab September frei werdende Stellen am Gericht übernehmen sollen. Nur eine der vier Personen fand sich auch auf Dreiervorschlägen des Personalausschusses des Gerichts; die drei anderen hatte nur eine vom Magistrat eingesetzte Kommission empfohlen.
Siegfried Königshofer, Richter am Landesverwaltungsgericht und Vorsitzender der Verwaltungsrichtervereinigung, sieht damit das Prinzip der richterlichen Selbstergänzung verletzt.
Die parallele und nicht bindende Befassung von Kommission und Personalausschuss ist allerdings in Wien landesgesetzlich festgeschrieben. „Das ist eine Ermunterung zu politisch motivierten Besetzungen“, sagt Königshofer zur „Presse“. Das Ziel einer möglichst großen Politikferne der Richterauswahl wird damit verfehlt. Justizrichter werden ausschließlich auf Vorschlag der richterlichen Personalsenate ernannt, die zwar ebenfalls nicht binden, aber vom Justizministerium üblicherweise befolgt werden. Bloß für die Richter des Verwaltungsgerichtshofs gibt es bindende Vorschläge aus dem Gericht.
Dem Vorschlag der fünfköpfigen Kommission aus Vertretern der Gerichtsbarkeit, Wissenschaft und Verwaltung ging ein Test voraus, dessen Sinnhaftigkeit Königshofer bezweifelt: Unter anderem gab es Fragen zum Abgabenrecht, das nicht in die Kompetenz dieses Gerichts fällt. Auffällig sind hingegen die Beziehungen und die politische Zuordnung einzelner neuer Mitglieder: Darunter sind die Ehefrau eines engen Mitarbeiters von Bürgermeister Häupl und ein SPÖ-Gemeinderat aus Wiens Umgebung.