Parallele Justizstrukturen bilden sich heraus
Die Länder konnten bei Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit klare verfassungsrechtliche Vorgaben für die die Organisations- und Dienstrechte der Verwaltungsgerichte erfolgreich verhindern. Der damit eröffnete „Föderale Wettbewerb“ führt schon nach etwas mehr als einem Jahr bei den Verwaltungsgerichten zur Herausbildung neuer, von der ordentlichen Gerichtsbarkeit abweichender Strukturen im Organisations- und Dienstrecht.
So gibt es bereits Verwaltungsrichter, die an die Behörde „zurückverliehen“ werden, bei denen sie vor ihrer Ernennung beschäftigt waren, es gibt Verwaltungsrichter, die – karenzbedingt – nur Teilzeit arbeiten wollte, das aber nicht als Richter dürfen, sondern nur als (wieder weisungsgebundene) Verwaltungsbeamte, es gibt Richter, die – bei gleichen Voraussetzungen – Gehälter beziehen, die um bis zu 40 Prozent differieren und Richter die nicht Beamte, sondern Vertragsbedienstete sind. Für die Arbeitszeit der Richter gibt es in Österreich aktuell genauso viele unterschiedliche Regelungen wie es Definitionen von Finanzschulden gibt: zehn.
Kein Interesse an Reformen?
In praktisch allen modernen europäischen Verfassungen wird die Organisation der Gerichte und die Unabhängigkeit der RichterInnen durch eine eigene „Justizverfassung“ abgesichert. Ab dem Jahr 2002 war eine verfassungsrechtliche Absicherung der Justizsysteme sogar „conditio sine qua non“ für einen Beitritt zur EU. Österreich ist bis heute weit davon entfernt. (Siehe dazu auch: Das „Kopenhagen-Dilemma“ der EU)
Der Österreich-Konvent, der vor 10 Jahren beendet wurde, ist mit seiner zentralen Idee, eine moderne Verfassung mit einer Neuordnung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern zu schaffen, gescheitert. „Die Mehrheit will nicht, dass etwas passiert“, so das Resümee in einem Beitrag in der „Presse“. Damit kann nur der gemeint sein, der vom „status quo“ profitiert. Der Rechtsstaat ist es nicht.