Nachschulung für Mann, der nicht am Steuer saß

presse-logoEin Autofahrer überzeugte das Landesverwaltungsgericht Steiermark, dass nicht er, sondern ein Freund zu schnell gefahren war. Das Verwaltungsgericht hob die Verpflichtung zur Nachschulung auf und scheiterte am Höchstgericht.

von Benedikt Kommenda  (Die Presse)

71 Stundenkilometer anstatt der im Ortsgebiet erlaubten 50: Dieses Messergebnis hielt, unter Berücksichtigung der üblichen Messtoleranz, die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg einem Steirer in einer Strafverfügung vor. Dass der Mann dies widerspruchslos hinnahm, sollte er noch bereuen: Er zahlte nämlich, obwohl er zur Tatzeit gar nicht am Steuer gesessen war, und muss jetzt wohl auch noch zur Führerschein-Nachschulung. Außerdem muss er sich vermutlich länger als gedacht mit dem Probeführerschein begnügen.


Unter Verweis auf die Rechtskraft der Strafverfügung verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung den Mann „als Besitzer eines Probeführerscheins der Klassen: AM, B“ zu einer Nachschulung innerhalb von vier Monaten. Die zweijährige Probezeit verlängere sich dadurch um ein weiteres Jahr. Dagegen erhob der Mann Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Steiermark. Dieses führte eine Verhandlung durch, befragte den Beschwerdeführer und kam zu der Überzeugung: Zum Zeitpunkt der Radarmessung vom 4. Oktober 2013 lenkte nicht er selbst sein Auto, sondern sein Freund. Weil also davon auszugehen sei, dass der Mann die Verwaltungsübertretung nicht begangen habe, hob das Gericht den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung auf. Und scheiterte damit an den Tücken der Rechtskraftwirkung, wie die nachfolgende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) ergab.

Behörde siegt bei Höchstgericht

Obwohl das Gericht – für den VwGH unverbindlich – eine Revision für unzulässig erklärte, wandte sich die zunächst unterlegene Behörde ans Höchstgericht. Und dieses hob das Erkenntnis auf. Begründung: Das Gericht habe „die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Bindungswirkung rechtskräftiger Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen außer Acht gelassen“ (Ra 2014/11/0027).

Nach dieser Rechtsprechung „ist die Führerscheinbehörde, wenn eine rechtskräftige Bestrafung wegen einer Geschwindigkeitsübertretung vorliegt, jedenfalls in Ansehung des Umstands, dass der Betreffende die im Strafbescheid genannte Tat begangen hat, gebunden“. Mit anderen Worten: Weder die Behörde noch das Gericht können eigene Feststellungen über die Identität des Täters treffen. Die steht ein für alle Mal fest, es sei denn, es gelingt eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens.

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