Keine 10 Tage war das VwGVG in Kraft, schon wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol ein Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Überprüfung des § 17 VwGVG, konkret auf den Ausschluss der Anwendbarkeit des IV. Teils des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, gestellt.
Im zu Grunde liegenden Verfahren wurde das Landesverwaltungsgericht Tirol nach der Behebung eines Bescheides des Landeshauptmannes mit einem Verfahren nach dem AlSAG befasst. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wird zusammenfassend ausgeführt, dass der Landeshauptmann als belangte Behörde einen Antrag des Zollamts wegen res iudicata zurückweisen hätte müssen. Dieser Ausspruch bindet auch das Landesverwaltungsgericht Tirol, welches nunmehr eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache vornehmen müsste.
Nach der Gesetzesanfechtung des Landesverwaltungsgericht Tirol ist Grundlage für eine Zurückweisung eines Antrages wegen entschiedener Sache § 68 Abs. 1 AVG, wonach Anbringen von Beteiligten, die die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sind. § 68 AVG ist eine Bestimmung des IV. Teils des AVG, welchen das Verwaltungsgericht auf Grund der ausdrücklichen Anordnung in § 17 VwGVG allerdings nicht anwenden darf. Es verbliebe daher, so das Landesverwaltungsgericht in seinem Antrag nach Art 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG, einzig die Möglichkeit, den angefochtenen Bescheid zu beheben, da die Behörde auf Grund der Sperrwirkung der früheren Entscheidung nicht neuerlich hätte entscheiden dürfen, somit als unzuständige Behörde entschieden hat. Nach dieser Behebung hätten sodann die Behörde mit einem weiteren Bescheid die Zurückweisung des Antrages vornehmen müssen, zumal diese ja anders als das Verwaltungsgericht § 68 Abs. 1 AVG anwenden darf. Mit dieser Vorgangsweise würde allerdings Art 130 Abs. 4 B-VG verletzt, welcher eine Entscheidung in der Sache vorsieht, soweit der Sachverhalt feststeht – was im Anlassfall nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts zutrifft. Das Landesverwaltungsgericht Tirol sieht daher als einzige Möglichkeit zur Behebung dieses Widerspruchs, dass die Wendung „sowie des IV. Teiles“ in § 17 VwGVG gestrichen wird.
Fraglich scheint neben dem vom Landesverwaltungsgericht Tirol geschilderten Fall außerdem, wie bei einem Ausschluss der Anwendbarkeit des IV. Teils des AVG die Verwaltungsgerichte beispielsweise bei Verfahren entscheiden sollen, bei welchen von der Behörde ein Antrag auf Wiederaufnahme nach § 69 AVG abgewiesen wird: Wenn das Verwaltungsgericht entgegen der Meinung der Behörde den Wiederaufnahmeantrag als begründet ansieht, so kann sie diesem Antrag nach § 17 VwGVG nicht gemäß § 69 Abs. 1 AVG stattgeben, weil es sich dabei ebenso um eine Bestimmung des IV. Teils dieses Gesetzes handelt. Auch könnte es einem derartigen Antrag nicht auf Grundlage des § 32 VwGVG entsprechen, zumal es sich ja nicht um eine Wiederaufnahme eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens handelt. Gleich verhält es sich bei Wiedereinsetzungsanträgen.