Glücksspielgesetz: Generalanwältin legt Schlussanträge zur Vorabanfrage des UVS Oberösterreich vor

Generalanwältin Eleanor Sharpston hat am 14.11.2013 ihre Schlussanträge zu der Frage vorgelegt, ob die in Österreich bestehenden Beschränkungen für das Anbieten von Glücksspielen mittels Automaten beziehnungsweise die für Verstöße vorgesehenen Sanktionen mit dem Unionsrecht vereinbar sind.

In Österreich dürfen Glücksspiele mittels Automaten nur von konzessionierten Unternehmern durchgeführt werden. Die Konzessionen stehen nur in begrenzter Zahl zur Verfügung. Glücksspielautomaten, die ohne Konzession öffentlich zugänglich gemacht werden, unterliegen der Einziehung und Vernichtung. Wer nach den Feststellungen ohne Konzession an der Organisation von Glücksspielen teilnimmt, wird mit verwaltungsbehördlichen oder strafrechtlichen Sanktionen belegt.

Generalanwältin Sharpston hat in ihren Schlussanträgen vorgeschlagen, die Fragen wie folgt zu beantworten:

1. Art. 56 AEUV (Freier Dienstleistungsverkehr) steht einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, wonach nur eine begrenzte Anzahl von Konzessionsinhabern Glücksspiele durchführen darf, es sei denn, diese Beschränkung ist aufgrund eines zwingenden im Allgemeininteresse liegenden Ziels wie des Verbraucherschutzes und/oder der Verbrechensprävention gerechtfertigt, verfolgt dieses Ziel unter Berücksichtigung der Geschäftspolitik der Konzessionsinhaber kohärent und widerspruchsfrei und ist verhältnismäßig. Ob diese Kriterien erfüllt sind, ist vom nationalen Gericht zu entscheiden. Sofern eine Beschränkung diese Kriterien erfüllt, stehen ihr die Art. 15 (Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten), Art. 16 (Unternehmerische Freiheit) und Art. 17 (Eigentumsrecht) der Charta nicht entgegen.

2. Art. 56 AEUV und die Art. 15, 16 und 17 der Charta stehen einer Bestimmung nicht entgegen, durch die die Strafbarkeit auf Personen erstreckt wird, die für den Verstoß gegen eine Beschränkung der Erbringung von Glücksspieldienstleistungen unmittelbar oder mittelbar verantwortlich sind, sofern der persönliche Anwendungsbereich der Strafbarkeitsbestimmung nur Personen erfasst, die wussten oder hätten wissen müssen, dass sie eine Teilnahmehandlung an dem Verstoß begehen.

3. Weder Art. 56 AEUV noch die Art. 16, 47 (Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht) oder Art. 50 (Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden) der Charta stehen einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, wonach strafrechtliche Sanktionen bei verbotenen Ausspielungen mit Einsätzen von mindestens 10 Euro und bei „Serienspielen“ verhängt werden, bei denen ein Einzeleinsatz unter diesem Betrag, die Summe aller Einsätze aber darüber liegt, und wonach verwaltungsrechtliche Sanktionen bei verbotenen Ausspielungen mit Einsätzen von unter 10 Euro Anwendung finden.

4. Art. 56 AEUV und die Art. 15, 16 und 17 der Charta stehen einer nationalen Regelung entgegen, wonach Geräte, die für nicht konzessionierte Glücksspiele verwendet werden, automatisch eingezogen und vernichtet werden, ohne dass die Möglichkeit einer anderen Rechtsfolge unter Berücksichtigung des Grades des Verschuldens des Glücksspielautomateneigentümers und/oder des Umfangs der Zuwiderhandlung besteht. Art. 56 AEUV und die Art. 15, 16 und 17 der Charta stehen einer nationalen Regelung jedoch nicht entgegen, wonach ein Mitgliedstaat nach seinem Ermessen einen Betrieb schließen kann, in dem nicht konzessionierte Glücksspielautomaten öffentlich zugänglich gemacht worden sind.

Im Rahmen ihrer Prüfung hat Sharpston u.a. die Ansicht vertreten, dass die Grundrechte-Charta auf eine nationale Regelung anwendbar sei, die eine Ausnahme von den durch den AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten beinhalte. Es sei nämlich davon auszugehen, dass ein Mitgliedstaat „bei der Durchführung des Rechts der Union“ i.S.v. Art. 51 der Charta handle, wenn er eine Ausnahme von einer Grundfreiheit einführe. Die Art. 15 bis 17 der Charta stellten jedoch keine strengeren Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs auf als diejenigen, die sich bereits der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 56 AEUV entnehmen ließen.

Werbung, die zum Spiel anrege, indem dieses verharmlost, ihm ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft erhöht werde, ziele nicht auf die Lenkung des bestehenden Marktes auf bestimmte Anbieter ab, sondern auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten. Eine solche expansionistische Geschäftspolitik sei mit dem Ziel eines hohen Verbraucherschutzniveaus offenkundig unvereinbar.

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