UVS als Gericht: Schlussantrag des Generalanwaltes zur tschechischen Vorlage

Das Oeugh-logo-curiabergericht Prag hatte beim Europäischen Gerichtshof angefragt, ob die UVS „Gerichte“ iS des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen sind (siehe dazu: Tschechisches Gericht bezweifelt den „Gerichtscharakter“ der Unabhängigen Verwaltungssenate).

Generalanwalt: „Unter einem ‚auch in Strafsachen zuständigen Gericht‘ ist ein Gericht zu verstehen, vor dem die betreffende Person bei der Verhandlung der Sache die durch Art. 6 Abs. 1, 2 und 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Rechte genießt.

 

Seitens des Generalanwaltes wird folgende Antwort auf die Vorlagefrage vorgeschlagen:

1. Der Begriff „auch in Strafsachen zuständiges Gericht“ im Sinne von Art. 1 Buchst. a Ziff. iii des Rahmenbeschlusses ist ein autonomer Begriff des Unionsrechts.

2. a) Art. 1 Buchst. a Ziff. iii des Rahmenbeschlusses ist dahin auszulegen, dass unter einem „auch in Strafsachen zuständigen Gericht“ ein Gericht zu verstehen ist, vor dem die betreffende Person bei der Verhandlung der Sache die durch Art. 6 Abs. 1, 2 und 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Rechte genießt.

2. b) Es ist Sache der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats, zu beurteilen, ob ein österreichischer Unabhängiger Verwaltungssenat als ein „auch in Strafsachen zuständiges Gericht“ im Sinne von Art. 1 Buchst. a Ziff. iii des Rahmenbeschlusses anzusehen ist.

3. Eine „Möglichkeit …, die Sache vor ein … Gericht zu bringen“, ist auch dann gegeben, wenn die betreffende Person zunächst einen Verwaltungsrechtsweg erschöpfen muss, vorausgesetzt, dass der Zugang zum Gericht nicht an Bedingungen geknüpft ist, die den Zugang unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Das Gericht, das über die Sache befindet, muss über die umfassende Befugnis verfügen, dabei sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht zu entscheiden. Art. 1 Buchst. a Ziff. iii des Rahmenbeschlusses schließt nicht aus, dass eine von einer Verwaltungsbehörde erlassene Geldsanktionsentscheidung bereits vor dem Gerichtsverfahren rechtskräftig wird.

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